Tag 12: Natascha Rossi

Die Nacht in unserem neuen Domizil war gefühlt die erste, in der Frank und ich in diesem Urlaub wirklich gut schliefen. Womöglich lag es an den Herzchen, die in die Kissen gestickt waren.

Ein Herz auf Kissen
Ein Herz auf Kissen

Unsere Gastgeber luden um 9.00 Uhr zum Frühstück und tafelten dabei üppig auf. Es gab Käse, Crêpes, Croissants, Jogurt, diverse Marmeladen und Eier wollten sie auch noch kochen. Die hätten wir aber beim besten Willen nicht geschafft und wir verzichteten.

Frühstück bei unseren Herbergsvatis
Frühstück bei unseren Herbergsvatis

Unser erster Tagesausflug führte uns in das Zentrum des Ortes unserer Unterkunft – Couches. Dort hatten uns unsere Herbergsvatis auf eine Schnitzeljagd geschickt. Ich erkläre: Neben unserer Unterkunft ist ein Tennisplatz. Die Courts sind über ein Zahlenschloss gesichert und wir wollten das ganz gerne einmal ausprobieren. Unserer Gastgeber meinten, jemand in einem bestimmten Supermarkt im Dorfe wüsste, wie man an die Courts kommt. Also fuhren wir zum Supermarkt. Dort wusste aber niemand, was zu tun ist, nur dass die Mitarbeiter im Rathaus womöglich helfen könnten. Also zum Rathaus. Dort gingen nur Frank und Denis (quasi als Dolmetscher) hin. Die beiden waren am Ende fast eine halbe Stunde in dem Rathaus, weil auch dort niemand so ganz genau wusste, was man wie tun müsse, um die Courts zu buchen.

Aber eine Mitarbeiterin mit dem großartigen Namen Natascha Rossi nahm sich viel Zeit und schaffte es, nach einigem Telefonieren, den Zahlencode für das Zahlenschloss zu erhalten. Der Code lautete 2470. Sie bat dann, die Gebühr (10 Euro) mit einem Scheck zu bezahlen. Das ländliche Frankreich lebt tatsächlich noch im zwanzigsten Jahrhundert – und nicht im späteren! Alles hatten wir anzubieten – Paypal, Apple Pay, Visa, Bitcoin, Skrill, Cash – aber keine Schecks. Am Ende ging dann doch eine Bezahlung mit Bargeld, die auf einer Post-It-Note quittiert wurde. Damit das ganze auch schön offiziell aussieht, wurde dem Notizzettel noch ein offizieller Stempel des Rathauses verpasst. Faszinierend!

Zu guter letzt gab uns Natascha Rossi auch noch ihre persönliche Telefonnummer, falls das mit dem Code nicht klappen sollte und wir abends noch Hilfe benötigten, wenn keiner im Rathaus ist. Soviel Zuvorkommen wegen ein wenig Tennis hätten wir nie im Leben erwartet.

Unsere hochoffizielle Post-It-Note
Unsere hochoffizielle Post-It-Note

Während Frank und Denis im Rathaus beschäftigt waren, machte ich mich ein wenig auf Entdeckungstour durch den Ort. Der Ort ist klein, die Tour war kurz, aber herzlich und einladend erschien mir Couches allemal.

Gasse in Couches
Gasse in Couches
Burgundische Dächer (mit den bunten Ziegeln) auf alten Häusern
Burgundische Dächer (mit den bunten Ziegeln) auf alten Häusern
Die kleine Dorfkirche
Die kleine Dorfkirche
Der Friedhof liegt - wie fast überall hier in Frankreich - irgendwo im Feld
Der Friedhof (in der Mitte, weiter hinten im Bild) liegt – wie fast überall hier in Frankreich – irgendwo im Feld
In einer Seitenstraße fand ich dieses wunderschöne Golf Cabrio
In einer Seitenstraße fand ich dieses wunderschöne Golf Cabrio

Nach meiner Tour durch den Ort und Franks und Denis‘ erfolgreicher Suche nach dem Tennisplatz-Code, fuhren wir zum nächsten Ziel des Tages, dem Örtchen Chalon-sur-Saône. Das ist eine gar nicht so kleine Stadt – natürlich wieder mittelalterlich – an dem Fluss Saône (wer hätte es gedacht). Das heißt, es gab enge Gassen, ganz viele halbschiefe Häuser, alte Kirchen und kleine pittoreske Marktplätze. Kannten wir schon – von jedem anderen Ort im Burgund. Aber egal, die Stadt war einladend hübsch und am Rande der Altstadt durchbrachen Plattenbauten aus den 80’er Jahren das Stadtbild und gaben dem Ort einen etwas eklektischen Anstrich, wie Denis anmerkte.

Mittelaltermarktplatz von Chalon-sur-Saône (irgendwie nicht mehr ganz mittelalterlich)
Mittelaltermarktplatz von Chalon-sur-Saône (mit irgendwie nicht mehr ganz mittelalterlich, sondern vor allem touristisch)
Gässchen mit Sonnebrillenstudie
Gässchen mit Schnutenstudie
Sehr barock aussehende Kirche im Zentrum der Stadt
Barock aussehende Kirche im Zentrum der Stadt (man beachte die gar nicht barocke Straßenlaterne links daneben)
Blick auf die Saône mit Plattenbauten gegenüber der Mittelalterstadt (voll eklektisch!)
Blick auf die Saône mit Plattenbauten gegenüber der Mittelalterstadt (voll eklektisch!)
Sogar mit Yachthafen (das ist doch was für mein Kapitänsherz!)
Sogar mit Yachthafen (das ist doch was für mein Kapitänsherz!)

Da uns all die Reize Chalon-sur-Saônes nicht ganz fremd waren und wir das Gefühl hatte, alles wichtige gesehen zu haben, fuhren wir nach zwei Stunden weiter zu Louis Picamelot. Das ist ein Laden, den uns Yoan (der Winzer vom Vortag bei der Domaine Montmain) empfohlen hatte. Dort gab es Crémant. Crémant ist Schaumwein. In einer anderen Region Frankreichs darf man das Champagner nennen, doch hier nicht (weil es eben nicht die Champagne ist). Das Getränk schmeckt trotzdem mehr oder weniger genauso, ist aber ein paar Größenordnungen günstiger.

Louis Picamelot produziert guten Crémant und dort empfing uns eine Dame. Zunächst musterte sie uns ein wenig irritiert, denn in der Aufmachung, in der wir erschienen (schlichte Shirts oder Tank-Tops und kurze Hosen), ist die klassische Kundschaft offensichtlich nicht unterwegs. Zunächst etwas widerwillig, aber nach einiger Zeit freundlich zugewandt ließ sie uns einige der Schaumweine probieren, erklärte uns dieses und jenes und am Ende verkaufte sie uns zwei Kisten, die wir ins Auto luden. Wir hatten schließlich noch ein klein wenig Platz in dem Gefährt und es wäre ja zu schade gewesen, diesen nicht mit weiteren Spezialitäten der Region zu füllen.

Louis Picamelot Crémants
Louis Picamelot Crémants
Schaumweinverkostung am frühen Nachmittag
Schaumweinverkostung am frühen Nachmittag

Das war eigentlich auch schon genug Touristenprogramm für den Tag und ein wenig ausruhen wollten wir uns auch. Also fuhr ich uns wieder nach Hause in unser Domizil und dort legten wir uns erst in und dann an den Pool.

Pool mit Haupthaus unseres Anwesens
Pool mit Haupthaus unseres Anwesens
Leo, der Hundeherr des Hauses - eine französische Bulldogge, die eher einfach strukturiert scheint, gerne gekrault wird und ein wenig stinkt
Leo, der Hundeherr des Hauses – eine französische Bulldogge, die eher einfach strukturiert scheint, gerne gekrault wird und ein wenig stinkt
Leo von vorne
Leo von vorne

So richtig viel liegen konnten Frank und ich allerdings nicht, denn wir hatten ja mit viel Blut, Schweiß und Tränen den Tennisplatz bei Natascha Rossi gebucht. Den suchten wir alsdann auch auf – bei 31 Grad, sengender Sonne, ohne Schatten und ich mit kaputtem Zehnagel. Knapp anderthalb Stunden schlugen wir uns die Bälle um die Ohren, wobei ich Frank – wie sonst auch immer – knapp gewinnen ließ. Da ich – des Zehnagels wegen – nicht in Tennisschuhen, sondern nur in meinen Barfußlatschen spielen konnte, war ich aber auch ein wenig gehandicapt. Mit den Schuhen konnte ich nicht wirklich schnell laufen und watschelte eher über den Platz. Egal, Spaß gemacht hat es trotzdem und immerhin ein paar Rückhände bekam ich halbwegs anständig über das Netz.

Unser Tennisabenteuer auf einem reichlich schnieken Platz
Unser Tennisabenteuer auf einem reichlich schnieken Platz
Ein Platz mit wirklich schöner Aussicht
Ein Platz mit wirklich schöner Aussicht

Nach dem Tennis ist bei uns auch immer vor dem Essen. Sonst ist Micha in unserem Tennisverein für die Verköstigung zuständig, aber Micha war leider nicht da. Deswegen mussten wir auf ein Lokal im Ort ausweichen. Blason de Vair hieß das Restaurant und es war mitten in einem kleinen Schloss gelegen. Naja, hier im Burgund ist im Grunde irgendwie alles in oder direkt neben einem Schloss gelegen. Egal, die Aussicht war fantastisch, die Bedienung total lieb und das Essen halbwegs okay. Von Vorspeise über Hauptgang zum Dessert gab es eine gewisse Steigerung. Während es mit saurer Sülze und salziger Fischpampe anfing, steigerte es sich über gute Hähnchenkeule und ordentlichen Kabeljau zu mehreren famosen Desserts, die am ehesten an dekonstruierte rote Grütze erinnerten.  

Dinner im Piratenlook
Dinner im Piratenlook – und die Frisur sitzt diesmal wie eine Eins
Sülze als Vorspeise - sieht gut aus, war aber ein wenig sauer und hatte sonst nicht viel Geschmack
Sülze als Vorspeise – sieht gut aus, war aber ein wenig sauer und hatte sonst nicht viel Geschmack
Fischpampe in schöne Form gepresst - ein wenig salzig und ansonsten auch eher beliebig
Fischpampe in schöne Form gepresst – ein wenig salzig und ansonsten auch eher beliebig
Oeufs en meurette mit Schnecken - die müssen, so Frank, ganz gut gewesen sein
Oeufs en meurette mit Schnecken – die müssen, so Frank, ganz gut gewesen sein
Mein Kabeljau als Hauptgang - der war ganz ordentlich
Mein Kabeljau als Hauptgang – der war ganz ordentlich
Die Herren hatte eine Hühnerkeule
Die Herren hatte eine Hühnerkeule
Dekonstruierte rote Grütze zum Nachtisch (mit Blümchen in der Sahne)
Dekonstruierte rote Grütze zum Nachtisch (mit Blümchen in der Sahne)

Dick und drall gefuttert liefen wir spät abends heim und ließen den Abend draußen vor unseren Zimmern unter einem sternklaren Himmel mit einem unserer Rosés ausklingen.

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