Tag 7 – Laut Stampfen und Schnaufen

Der Freitag war der letzte Reisetag, den wir in Südtirol hatten. Nach dem ganzen Rumgewandere und dem Weinerwerb schlief ich diesen Tag tatsächlich ein klein wenig länger und eigentlich hätte ich nichts dagegen gehabt, den gesamten Tag in der Hängematte zu verbringen und meine Tagesaktivität auf den Besuch des lokalen Pizzaladens am Abend zu beschränken. Es war schließlich Urlaub und bislang war ich noch gar nicht besonders erholt. Frank jedoch wollte eine letzte Wanderung unternehmen.

Ich wollte daheim bleiben und Frank wollte Wandern gehen. Wir einigten uns kurzerhand auf einen Kompromiss. Wir gingen Wandern.

Ein wenig Einsicht in das Wandern hatte ich ja. Das Wetter war sonnig und warm und wir hatten noch einen Zielvorschlag von Silke zu absolvieren, nämlich die Tesselberger Alm, die wir schon am zweiten Reisetag ansteuern wollten, dann aber davon Abstand nahmen, als wir bemerkten, dass eine zweistündige Wanderung von Nöten war.

Diesmal hatten wir die Ausrüstung und Zeit dabei und fuhren zum Ausgangspunkt der Wanderung zur Tesselberger Alm. Dieser Ausgangspunkt ist im Örtchen Tesselberg (wie naheliegend!) und der Ort ist von Gais über eine schmale Serpentinenstraße zu erreichen. Auf dem Weg den Berg hinauf fuhren wir durch mehrere kleine Dörfchen, die hier malerisch im Hang liegen. Jedes dieser Dörfer, ganz egal wie klein, auch wenn es nur ein Kuhstall mit Bauernhütte ist, hat in Südtirol drei Dinge:

  1. Es gibt eine Kirche.
  2. Jedes Dorf hat mindestens eine Bushaltestelle.
  3. LTE. Überall, wo es Hütten gibt, gibt es auch ordentliches Netz.
Hütten, Kirche, Bushalte und LTE – das typische kleine Dorf in den Bergen Südtirols

Auf rund 1.500 Metern Höhe stellten wir in Tesselberg den Wagen ab und begaben uns auf den knapp zweistündigen Aufstieg zu einer Bergkuppe mit dem schönen Namen „Hühnerspiel“. Der Weg hinauf war vergleichsweise steil, wenn auch eigentlich flotten Fußes durch den Wald auf einem halbwegs befestigten Weg zu bewältigen. Über eine Strecke von 4,5 Kilometern legten wir etwas über 600 Höhenmeter zurück.

Ich ging vorweg und zwischendrin hörte ich hinter mir Frank ein wenig keuchen. Der Anstieg schien ihm etwas schwerer zu fallen als gedacht.  Aus dem Keuchen wurde ein lautes Stampfen und Schnaufen und ich grinste ein wenig gehässig in mich hinein. Ich wollte ja eigentlich auf der Hängematte liegend nichts machen, Frank wollte wandern. Dann konnte er auch ein wenig schnaufen.

Aber eine kurze Pause brachte Franks Kräfte schnell zurück und wir waren flugs wieder des Weges.

Aufstieg durch den Forst

Auf dem Gipfel des Hühnerspiels angekommen, hatten wir einen hervorragenden Blick in das Tal und sahen sogar unser Örtchen Gais.

Blick in das Ahrntal vom Hühnerspiel
Juhu, Gipfel geschafft

Von hier war es ein kurzer Höhenweg bis zur Tesselberger Alm. Zwischendrin mussten wir ein paar Kühe passieren, die hier mitten auf dem Weg lagen und keine Anstalten machten, sich auch nur einen Meter zu bewegen. Ich erklärte Frank (vermutlich zum zehnten Mal in dieser Woche), wie gefährlich Kühe sein können und dass man vor ihnen Respekt haben sollte. Dann lag die eine Kuh aber doch so niedlich vor mir, dass ich sie streichelte. Die Kuh schnaufte mir auf die Hand und ich unterließ weitere Annährungsversuche. Ein Gruppenfoto ging allerdings:

Kuh-Selfie mit Tesselberger Alm im Hintergrund

Kurz drauf standen wir vor der Alm und einen Moment machte sich in mir Enttäuschung breit. Silke hatte uns zuvor ein Foto von der Alm geschickt und darauf waren Ziegen zu sehen. Ich sah keine Ziegen. Mir wurden Ziegen versprochen! Just als ich dies dachte, hörte ich es hinter mir in gewisser Entfernung wild bimmeln. Da standen Ziegen weiter oben auf dem Hang. Nein, Moment, sie kamen den Hang hinab. Nein, halt, sie liefen auf die Alm zu. Beziehungsweise. Sie liefen auf uns zu!

Okay, die Ziegen liefen doch nicht genau auf uns zu, sondern auf ihre Futterstelle, vor der wir grade standen. Aber nun waren sie einmal da und einigen ließen sich sogar streicheln. Das ganz große Interesse an uns ließ jedoch nach, sobald die Tiere bemerkten, dass wir gar kein Futter dabei hatten.

Frank vor den Ziegen

Auf der Alm selbst gab es zahlreiche Hühner und mitten zwischen den Hühnern standen zwei bequeme Stühle mit einem Tisch. Dort nahmen wir Platz und alsbald fragte uns ein netter junger Mann nach unseren Wünschen. Wir bestellten einmal (fast) alle Getränke im Angebot: Wasser, Kaffee, Bier und den (laut Silkes Vater) besten Zirbenschnaps der Welt. Dazu wurde uns eine Jausenplatte mit verschiedenen Sorten Salami, Käse und Brot zusammengestellt.

Das Klöhnsche Urlaubsgedeck – Bier und Kaffee (und ausnahmsweise Schnaps)

Es war gar nicht so einfach, inmitten der Hühner die Hoheit über das Essen zu bewahren. Hühner sind nicht nur furchtbar niedlich und drollig, sondern auch neugierig und prinzipiell der Meinung, jedes Essen auf der Welt sei nur für sie gemacht worden. Kaum stand die Käse-Wurst-Platte auf dem Tisch, hatte ein Huhn schon seinen Schnabel mittendrin und zog mit einem Stück Schinken ab. Das ging so nicht. Fortan stellte ich die Platte auf meinen Schoß. Die Hühner hatten gerade so genug Respekt, mir das Essen nicht von den Beinen zu picken.

Großes Interesse an der Wurst-Käse-Platte
Der Wurstdieb

Eine gute Stunde verbrachten wir auf der Alm, saßen in der Sonne und freuten uns an den Hühnern. Ich probierte noch kurz eine Hängematte aus, die vor der Hütte stand. So kam ich dann doch zumindest kurz zu meinem Liegen in der Hängematte für den Tag.

Mein Blick von der Hängematte
Abschiedsselfie Vor der Tesselberger Alm

Schließlich machten wir uns auf ins Tal. Der Weg war fast schon zu einfach – war er doch so befestigt, dass auch ein normales Automobil hier entlang fahren konnte. So war unsere letzte Tiroler Wanderung trotz des anfänglichen Stampfens und Schnaufens die einfachste und mit Abstand kürzeste.

Unsere kurze Wanderung

Anschließend statteten wir dem Ort Taufers noch einen kurzen Besuch ab, wo ich ein wenig Heuschnaps für das heimische Spirituosenkabinett erwarb. Dann ging es nach Hause. Dort probierte nun auch ich einmal die bombastisch riesige Badewanne aus. Ich stellte mich dabei aber wohl ein wenig ungeschickt an, denn ich fand beim besten Willen keine Lage, in der ich nicht komplett in die Wanne hineinrutschte und mit dem Kopf unter Wasser lag. Ich bin ein schlechter Schimmer, da ist eine solche Lage gefährlich! Egal – zumindest duftete ich nach dem Bad gut nach dem Badezusatz. Der Geruch erinnerte mich an den Zirbenschnaps.

Zum Abschluss des Abends besuchten wir den örtlichen Pizzaladen am Sportplatz, verdrückten Nudeln und eine weiße Pizza (das ist eine Pizza ohne Tomatensauce), tranken eine Unmenge Aperol und noch ein bisschen Heuschnaps. Dann wurde es langsam ein wenig zu frostig und wir machten uns auf zu unserem Domizil. Dort hüllten wir uns in dicke Decken und ließen unseren letzten Abend in Südtirol trotz eisiger Temperaturen auf der Terrasse ausklingen.

Subscribe
Notify of
guest
2 Comments
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
Karla
Karla
28. August 2021 8:57

Es hat mir viel Spaß bereitet, dem Blog zu folgen und ich bin fast ein wenig traurig, dass nun Schluss ist, aber die Zukunft wird weitere interessante Reisen bringen, die ich dann wieder per Blog begleiten kann.
Gute Heimreise

Tammo
Tammo
31. August 2021 16:45

Dem kann ich mich nur anschließen – eine große Freude, diesem Blog zu folgen, der obendrein noch ein gewisses Fernweh auslöst … Dennoch schön zu wissen, dass ihr gut erholt und mit beachtlichem Weinvorrat wieder im Lande seid.

Bei der Passage über den Wurstdieb musste ich übrigens herzhaft lachen! 😀