Taormina von oben

Taormina 2018

Frank hatte Urlaub übrig und der musste bis Ende März dieses Jahres aufgebraucht werden. Ein großer Urlaub wäre uns – auch wenn wir mit Sri Lanka liebäugelten – zu viel geworden, aber ein kleiner, der ging auf jeden Fall. Also wurde es ein verlängertes Wochenende auf Sizilien. Genauer gesagt Taormina, das kleine von Touristen heimgesuchte Dorf an der Westküste der Insel. Wir versprachen uns von einem Besuch außerhalb der Saison eine übersichtliche Heerschar von Touristen und schon frühlingshaftes Wetter. Damit uns nicht langweilig wurde, nahmen wir noch den Denis und Mike mit. Zu viert sollte Sizilien unsicher gemacht werden.

Tag 1 – Zu wenig Schlaf und Hörnchen

Es war eine kurze Nacht. Am Mittwoch stand in Berlin am Hermannplatz der Schweizer Faber auf der Bühne, Frank und ich im Publikum und der gute Faber sang bis um elf. Bis wir im Bette waren, war es um zwölf. Parallel kam Mike neun Uhr abends aus ebenjener Schweiz von einem dienstlichen Trip in Berlin an, um kurz vor Mitternacht bei Denis zu Haus zu sein. Unser Flug am nächsten Morgen startete um kurz nach Sechs. Das hieß Aufstehen um kurz nach Vier – definitiv zu wenig Schlaf für mich. Dann gab‘s Taxi, einchecken, müde durch die Security, wobei Mike fast seinen Laptop vergaß und Frank orderte um Punkt Sechs einen Sekt, öffnete diesen und prostete uns zu. Mit ein wenig Verspätung ging es gegen Acht los und in einem halbleeren Flugzeug hatte ich eine ganze Reihe für mich.

Mike, Denis und Frank im Flugzeug
Mike, Denis und Frank im Flugzeug

In Catania angekommen mussten wir uns durch die süditalienische Unordnung am Flughafen kämpfen, bis wir die klitzekleine Filiale von Sixt fanden. Dort vermachte man uns einen neuen Citroen C4 und dieses Auto bewegte ich, Franks Anweisungen folgend, in die Innenstadt von Catania, wo wir im Comis Ice Cafè Espresso, Hörnchen und Eis konsumierten. Mike war vor allem damit beschäftigt, sein Essen für potentielle Insta-Stories zu filmen, befand aber bereits nach dem Eis, dass sich die Reise nach Italien definitiv gelohnt habe und fragte, ob wir nicht noch eine Woche länger bleiben könnten. Wettertechnisch wäre das vielleicht gar nicht so übel, denn zumindest der erste Tag auf Sizilien war viel zu kalt und ein wenig grau – die Hoffnung war, dass spätere Tage besseres Wetter parat hätten.

Unser C4 Model Cactus
Unser C4 Model Cactus

Nach dem Eiskonsum manövrierte ich uns durch den geschäftigen Verkehr und die teilweise unnötig engen Straßen von Catania zur Autobahn, versäumte es aus Unwissenheit und womöglich ein wenig Überhast, ein Maut-Ticket zu ziehen und wir erfreuten und bei Tempo 130 an den Schlaglöchern der sizilianischen Autobahn. Frage: Wozu zahlt man Maut, wenn die Straße so scheiße ist? Die französische Mafia hatte ihre Straßen als wir da waren, definitiv besser im Griff.

In Taormina angekommen zahlten wir erst einmal 2 Euro Maut – das fehlende Ticket war glücklicherweise gar kein Problem – und wir suchten durch die engen Gassen fahrend einen Supermarkt in dem Touristenörtchen, fanden diesen auch, löhnten viel zu viel für ein wenig Brot und Wein und hernach fuhren zu unserem Apartment. Dort nahmen uns zwei Damen in Empfang, fotografierten unsere Ausweise und erklärten uns die Funktionsweise der Wohnung. Alles schön, nur die Heizung funktionierte nicht und die Aussicht der riesigen Dachterasse war durch die Station der Strandseilbahn ein wenig versperrt.

Während ich ein wenig arbeitete und Mike kurz Mittagschlaf machte, erkundeten Frank und Denis schon einmal die Stadt. Wir stießen später hinzu und schlenderten durch die Gässchen, freuten uns an der Aussicht auf die Bucht und an dem in den Wolken hängenden Ätna, während Mike versuchte, Kurz-Videos von Narzissen und Kakteen zu drehen. Irgendwann machten wir uns auf die Suche nach adäquatem Abendbrot, fanden das Restaurant Villa Zuccaro und aßen dort herausragend famose Auberginen-Antipasti und hinreichend famose Pizza. Danach tranken wir zu Hause noch eine halbe Flasche frisch erworbenen Pistazien-Likör und machten uns vergleichsweise zeitig auf ins Bett, um ein wenig Schlaf nachzuholen.

Blick von Taormina Richtung Berge
Blick von Taormina Richtung Berge
Terrazza Panoramica su Giardini Naxos
Terrazza Panoramica su Giardini Naxos
Blick auf die Berge von Taormina
Blick auf die Berge von Taormina
Warum verkaufen die denn solch phallische Masken hier_
Warum verkaufen die denn solch phallische Masken hier?
Und warum die Zitronen hier zu dieser Groesse mutierten, wissen wir auch noch nicht
Und warum die Zitronen hier zu dieser Groesse mutierten, wissen wir auch noch nicht

Tag 2 – Barocke Städtchen und noch mehr Süßgebäck

Die Nacht war länger. Das war auch notwendig, denn in unserem Alter nehmen einen vierstündige Nächte schon unverhältnismäßig mit. Aber, wie gesagt, unsere erste Nacht in Taormina war deutlich länger – fast 10 Stunden – und abgesehen davon, dass Frank von ICE-Unglücken, Denis von Mutanten träumte und Mike nach eigenen Angaben morgens erst einmal an den Tod gedacht hatte, war alles gut in unserer Unterkunft. Morgens begrüßte uns zwar eine graue Wolkenfront und Regen, doch Front und Regen verzogen sich im Laufe des Vormittags. Dann dachte auch keiner mehr an den Tod.

Gegen Mittag begaben wir uns auf Erkundungstour und steuerten das 120 Kilometer südlich gelegene Örtchen Noto an. Dies ist eine im Barockstil gebaute Stadt südlich von Siracusa. Die Altstadt bestand aus einer Fußgängerzeile zwischen lauter uralten – aber durchaus schnieken – Häusern, Basilikas und Kirchen. Auf einer dieser Kirchen erspähten wir im Turm ein älteres Ehepaar und schlussfolgerten, dass man diesen Turm besteigen können müsste. Tatsächlich konnte man das gegen einen kleinen Obulus tun und nach 120 engen Stufen standen wir auf dem Dach der Kirche. Dort konnte man manuell die Glocken anschlagen, die einen Heidenlärm machten und das halbe Dorf weckten. Wir erfreuten uns an der Sonne, dem Gebimmel, der schönen Aussicht und versuchten uns an möglichst bescheuerten Selfies.

Blick auf die Daecher von Noto
Blick auf die Daecher von Noto
Die Selfie-Crew
Die Selfie-Crew
Palast in Noto
Palast in Noto
Gasse in Noto
Gasse in Noto
Die Glocken zum selbst Anschlagen
Die Glocken zum selbst Anschlagen
Barockes Treppchen in Noto
Barockes Treppchen in Noto

Nach Besichtigung des Örtchens kauften wir für sehr übersichtliches Geld Unmengen Gemüse und Obst an einem Straßenstand und machten uns hernach auf Richtung Siracusa, einer uralten ehemaligen griechischen Hafenstadt an der Ostküste Siziliens ein Stück unter Catania. Dort steuerten wir zuerst das ehemalige griechische Amphie-Theater an. Aber die wollten da 10 Euro pro Person, nur um so ein paar Steine anzuschauen. Das war zumindest Denis und mir zu teuer und wir ließen Mike und Frank den Vortritt, sich die alten Steine zu Gemüte führten. Wir warteten derweil auf die Beiden, Denis zeichnete, ich las Zeitung im Telefon und nach einer guten Viertelstunde kamen die Mike und Frank schon wieder. Mike hatte sich dort die Taschen mit Orangen vollgestopft, aber die waren irgendwie viel zu sauer, um sie zu essen.

Alte griechische Tempelfundamente bei Siracusa
Alte griechische Tempelfundamente bei Siracusa
Reife Orangen am Baum
Reife Orangen am Baum

Die Altstadt von Siracusa war unser nächstes Ziel. Diese befindet sich auf einer kleinen Halbinsel namens Ortigia und ist wirklich sehenswert: gewundene Promenade, große Bucht, kleine Gassen, ein großer Dom, ganz viele Segelboote und dank der Off-Season ziemlich wenige Touristen. Wir dackelten einmal um die Halbinsel herum, um uns dann in einem kleinen Café niederzulassen, wo wir Kaffee tranken und reichlich süßes Gebäck verspeisten.

Altstadt von Siracusa
Altstadt von Siracusa
Blick in eine zugewachsene Ruine von Siracusa
Blick in eine zugewachsene Ruine von Siracusa
Dom von Siracusa
Dom von Siracusa
Klitzekleine Gasse in Siracusa
Klitzekleine Gasse in Siracusa
Promenade von Siracusa
Promenade von Siracusa
Vor einem Supermarkt in Siracusa
Vor einem Supermarkt in Siracusa

Letztes Ziel unserer Reise war ein richtiger Supermarkt. In einem großen Einkaufszentrum im Norden Siracusas wurden wir fündig und in dem Großmarkt Auchon kauften wir für die sehr deutsche Summe von 88,88 Euro Wein, Käse, Nudeln, noch mehr Gemüse, Brot und Zahnpasta. Es war spät und nach der Heimreise war es schon acht Uhr durch und deswegen verabschiedeten wir uns von unserem eigentlich Plan, zu Hause zu kochen. Stattdessen steuerten wir ein kleines Restaurant in der Nachbarschaft, die Cucina Di Riccobono Franco an. Dort bedienten uns zwei offensichtlich schwule Kellner im Partnerlook (sie trugen beide das gleiche braun-karierte Hemd) und wir bekamen erneut besonders tolle Vorspeisen, gute Hauptgerichte und sehr günstigen Wein. Nur die Menge des Essen wurde von Mike bemängelt, der fast schon erschüttert auf seinen Teller mit nur 18 Ravioli blickte und sich etwas konsterniert noch eine Portion Pommes dazu bestellte. Dafür gab es dann zum Abschluss noch eine Portion Windbeutel mit Schokoüberzug und einen Espresso für mich. Zu Haus schluckspechtete ich noch drei Gläser Pistazienlikör und damit beendeten wir den Abend.

Tag 3 – Nasse Füße im Schnee und Bad im Mittelmeer

Der Freitag sollte laut Wetterbericht der schönste Tag unserer Reise sein. Tatsächlich begann der Tag mit einer großen Menge Sonnenschein und blauem Himmel und es war sogar schon morgens ein wenig warm. Stalinistisch früh, also schon um acht Uhr, standen wir auf, denn wir wollten Sonne, Wetter und all das Gedöns nutzen, um möglichst viel von dem Tag zu haben.

Und was macht man, wenn es warm und sonnig ist? Genau, man fährt so hoch in die Berge, dass man in den Wolken hängt und um einen herum lauter Schnee ist. Ein wenig bekloppt, aber es war dies unsere beste Gelegenheit, dem Ätna ein wenig näher zu kommen. Vor unserem Trip nach Sizilien hing ich der irrigen Vorstellung an, dass man den Berg (von immerhin 3.350 Metern Höhe) von irgendeiner Station schon irgendwie wird besteigen können. Ich wollte in den Schlund des Vulkans (des höchsten aktiven Vulkans Europas immerhin) schauen und brodelnde Lava sehen! Aber nix war’s. Schon bei gut 2.000 Meter war die Straße zu Ende. Es gab eine Seilbahn, die von dort weiter gefahren wäre. Wäre. Wenn denn Saison gewesen wäre. Aber Anfang März ist auch auf Sizilien Winter und da fuhr einfach mal gar nichts. Es wäre auch verwegen gewesen, ohne umfangreiche Ausrüstung weiter zu klettern, denn auf dem Berg lag tiefer Schnee, es war kalt, windig, die Sonne war schon längst nicht mehr zu sehen und die Aussicht war nur an einigen Stellen überhaupt sichtbar.

Nichtsdestominder tummelten sich zahlreiche Touristen an der Bergstation Rifugio Sapienza. Einige hatten Schlitten, einige Skier, nur wir, wir hatten gar nichts. Das hielt Frank und Mike aber nicht davon ab, einen steilen Hügel an der Station zu besteigen. Ich stellte meine Füße einmal in den Schnee, spürte Wasser an meinen Socken, errechnete, dass der Anstieg einen Winkel von mindestens 45° hatte und entschied mich gegen das Besteigen. Denis erging es ähnlich und so setzen wir zwei uns in ein Café an der Station und wiederholten unser Programm vom Vortag am griechischen Theater in Siracusa – Denis zeichnete und ich las Zeitung im Telefon. Nach gut 25 Minuten kamen Frank und Mike wieder – ausgerüstet mit einer guten Menge toller Fotos und komplett aufgeweichten Schuhen und nassen Socken.

Der kleine Gipfel vor dem Etna (da oben waren immerhin Frank und Mike)
Der kleine Gipfel vor dem Etna (da oben waren immerhin Frank und Mike)
Blick vom Huegel am Etna (via Frank)
Blick vom Huegel am Etna (via Frank)
Blick auf den Etna im Schnee
Blick auf den Etna im Schnee
Blick auf den Etna von Taormina aus
Blick auf den Etna von Taormina aus

Das war für uns genug Aufregung auf dem Ätna und wir erinnerten uns an das schöne Wetter, das am Morgen noch in Taormina herrschte. Frank, der bislang – wie gewohnt und wie erwartet – ein exzellenter Reiseführer war, lotste uns prompt zu einem wunderschönen Strand zu den Füßen Taorminas. Lido Il Delfino hieß die Bucht und diese ist über eine Seilbahn (Mazzaro Cable Car) quasi direkt mit unserer Unterkunft verbunden. Die Seilbahn hat ihre Endstation vor unserer Terasse und man kann mit ihr bis an den Strand fahren. Könnte man zumindest, wenn denn Saison wäre. Aber es war immer noch Winter, keine Saison und damit gab es auch keine Seilbahn. Egal. Wir hatten ja unser Auto und der Vorteil war, dass es so auch gar keine anderen Touristen gab und wir die Bucht fast ganz für uns alleine hatten. Da unten hatten wir wieder jede Menge Sonne und die beiden Wagehälse unserer Reisegruppe, also Frank und Denis, sprangen ganz unerschrocken in die kalten Fluten des Mittelmeeres. So kalt können die Fluten aber gar nicht gewesen sein, denn Beide blieben gut zehn Minuten im Wasser und Frank verglich die Temperatur mit “Ostsee im Sommer”. Ich versuchte mich derweil mal wieder daran, Titschersteine zu werfen, Denis machte Yoga und am Ende lagen wir alle faul in der Sonne bei etwas über zwanzig Grad. Deroweil waren in Berlin grade neun Grad unter Null – eine gute Entscheidung, nach Italien zu fliegen!

Blick in den Norden von Taormina
Bucht von Taormina samt Etna
Bucht von Taormina samt Etna
Dream Team am Strand von Taormina
Yoga am Strand
Yoga am Strand
Frank und Mike im Mittelmeer
Mike und Frank im Mittelmeer
Ein wunderschoener Fiat 500 (Banana for Scale)
Ein wunderschöner, klitzekleiner Fiat 500 (Banana for Scale)
Il Delfino Bucht vor Taormina
Il Delfino Bucht vor Taormina
Isola Bella vor Taormina
Isola Bella vor Taormina

Irgendwann hatten wir vom Faulsein genug. Wir wollten etwas tun, etwas erleben. Also vor allem wollten wir wieder das verdammte leckere süße Gebäck der Region (also irgendwas mit Pistazien) essen und ein Bier trinken. Also das Bier wollte vor allem ich trinken. Frank legte uns vorher jedoch eine Portion Kultur nahe und ordnete einen Besuch im griechischen Theater von Taormina an. Das griechische Theater ist eine riesige Amphie-Theater-Ruine mitten in der Stadt und von dem Theater hat man einen perfekten Ausblick auf den Ätna, der im Hintergrund in den Wolken hängt. Also besichtigten wir ebenjenes Theater (diesmal löhnten wir alle den Eintritt) und machten unverhältnismäßig viele Fotos von den Rängen, dem Vulkan im Hintergrund, der Stadt und uns selbst. Um dem Bildungsauftrag des Blogs zumindest ein wenig zu entsprechen, sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass das griechische Theather in Taormina gar nicht von den Griechen, sondern den Römern erbaut wurde. Irgendwann im 2. Jahrundert vor Christi hatten die Römer auf den Ruinen des ursprünglichen und tatsächlich griechischen Theaters ihre Interpretation eines Amphie-Theaters gesetzt – quasi so wie die CineStar-Komplexe, die heute da stehen, wo früher einmal richtige Kinos standen. Schön war’s in dem römischen CineStar aber auf jeden Fall.

Panorama vom Theater
Panorama vom Theater
Blick auf Taormina aus dem Theater
Blick auf Taormina aus dem Theater
Tick, Trick und Track auf den Raengen im Theater Taormina
Tick, Trick und Track auf den Raengen im Theater Taormina
Raenge im Griechischen Theater Taormina
Raenge im Griechischen Theater Taormina
Icke mit AR-Spielerei
Icke mit AR-Spielerei

Nach dem Theater durften wir dann endlich Pistazien-Gebäck essen und Bier trinken. Auch wenn dieses Unterfangen in der Innenstadt Taorminas ganz schön teuer war, konnten wir über die Qualität der Süßspeisen nicht klagen und auch das Bier erfüllte seinen Zweck. Zum Abschluss des Tages liefen wir wieder nach Hause und setzten den Plan vom Vortag – Denis kocht uns minimalistische Nudeln mit Tomatensoße – diesmal in die Tat um.

Tag 4 – Alte Schlösser und beschissene Betten

Der Tag begann erst mal irgendwie unerfreulich. Ab um drei morgens stellten Frank und ich gleichzeitig fest, dass unsere Matratze in der dritten Nacht fiese Rückenschmerzen verursacht und wir versuchten irgendwie eine nicht schmerzhafte Schlafposition zu finden. Um kurz nach Sieben gab ich nach vier Stunden Wälzen einfach auf und wackelte in unser Wohnzimmer, wo ich in einer halbsitzenden Position darauf wartete, dass noch mehr Menschen im Haus wach werden. Gegen Acht kamen Denis und Mike so langsam aus ihrem Zimmer und sahen irgendwie auch gepeinigt aus. Nichtsdestominder bereiteten wir ein Frühstück auf der Terasse vor und nach einer etwas längeren Vorbereitungszeit genossen wir gegen Zehn Brot, Käse und Croissants (die Mike und Denis irrigerweise anstatt der italienischen Hörnchen erworben hatten) in der Sonne. Danach legte ich mich noch einmal für eine Stunde in das Bett, bis mir mitgeteilt wurde, ich schnarche und man wolle aufbrechen, den Tag nutzen.

Das Nutzen des Tages sah dann so aus, dass Denis zu Hause blieb und arbeitete, während Mike, Frank und ich uns aufmachten gen Castello di Mola, einem in den Bergen vor Taormina hängendem Schloss auf einem 500 Meter hohen Hügel. Der Aufstieg war nur ein wenig beschwerlich und nach einer guten Viertelstunde waren wir oben auf dem Schloss, dessen Baudatum bis heute nicht akkurat geschätzt wurde – irgendwann im 10. Jahrhundert wird es wohl gewesen sein. Von da oben hatte man einen ganz famosen Ausblick auf den Ätna, die Buchten vor Taormina und die Stadt selbst.

Blick auf den Etna vom Castello di Mola
Blick auf den Ätna vom Castello di Mola
Schlechter Hund oder schlechtes Herrchen - Schild auf dem Weg zum Castello
Schlechter Hund oder schlechtes Herrchen – Schild auf dem Weg zum Castello
Eigenwilliger Aufstieg zum Castello di Mola
Eigenwilliger Aufstieg zum Castello di Mola
Taormina von oben
Taormina von oben
Frank macht ein Panorama-Foto vom Himmel
Frank macht ein Panorama-Foto vom Himmel
Frank kontempliert über die Aussicht
Frank kontempliert über die Aussicht vom Castello auf Taormina
Castello di Mola und anliegendes Dorf
Castello di Mola und anliegendes Dorf

Vom Castello di Mola aus liefen Frank und ich – während Mike gen Wohnung zurücklief – noch zum nächsten Castello, dem Castello di Taormina. Das Schlösschen ist gottverlassen und liegt etwas dichter an der Altstadt von Taormina und von dort oben hat man einen allumfassenden Blick auf quasi sämtliche Dächer der Altstadt. Frank und ich freuten uns erneut daran, dass die Italiener ihre Dächer tatsächlich nutzten und dort fast überall Gartenstühle, Liegen oder ganze Swimmingpools aufgestellt hatten. Aber irgendwie sah man der Stadt an, dass die Saison noch nicht so ganz im Anbegriff ist. Viele Wohnung, die wohl vor allem als Ferienwohnung genutzt werden, standen leer und vor allem zahlreiche streunende und zumeist sehr zutrauliche Katzen waren auf den Straßen unterwegs.

Muss man natürlich streicheln
Muss man natürlich streicheln
Grosser Pool auf einer grossen Dachterasse
Grosser Pool auf einer grossen Dachterasse
Selfie mit ganz viel Falten-Weg-Filter
Selfie-Studie mit ganz viel Falten-Weg-Filter
Strassen sind hier eine echte Herausforderung
Strassen sind hier eine echte Herausforderung
Innenraum des Castello Taormina
Innenraum des Castello Taormina
Altstadt von Taormina und griechisches Theater im Hintergrund
Altstadt von Taormina und griechisches Theater im Hintergrund
Blick auf das Fussballstadion von Taormina
Blick auf das Fussballstadion von Taormina
Ein quietschegelber Trabant mitten in Taormina
Ein quietschegelber Trabant mitten in Taormina

Durch die Altstadt von Taormina liefen wir gemütlich zurück und kurz vor unserer Wohnung machten wir noch Station bei einem kleinen Gemüsehändler, um Tomaten, Fenchel und Mangold für unser Abendbrot zu erwerben. Wir übergaben Gemüse-Denis die Zutaten und am Ende stand dieser mit Frank und Mike in der Küche und zusammen schnippelten und brieten die drei uns ein sehr umfangreiches Abendbrot, während ich meiner Chronistenpflicht nachging und diesen Blog-Beitrag verfasste.

Tag 5 – Schluchten und Buchten

Die Nacht war besser. Um der peinigenden Matratze aus dem Weg zu gehen, dekonstruierte ich am Abend das Sofa in unserer Wohnküche und ordnete die Sitzkissen vor der Heizung im Schlafzimmer an. Voilà! Ein ganz neues Bett. Darauf schlief ich ohne nennenswerte Schmerzen fast die ganze Nacht durch und Frank hatte – da ich mich nicht mehr die ganze Zeit neben ihm wälzte – auch eine entspanntere Nacht. Auch Denis und Mike schauten morgens recht erholt aus und schienen bereit, den Abenteuern des Tages in das Auge zu sehen.

Das erste Abenteuer wurde ein erneutes Frühstück auf der Terasse. Die Sonne schien nur ganz früh am Morgen, verzog sich dann jedoch hinter die Wolken, wodurch das Frühstück auch ein Stück weit Ausharren in eigentlich zu kalter Umgebung war. Egal. Frühling, Italien! Ganz eisern saßen wir draußen und verspeisten Reste des gestrigen Abendbrotes und Spinatspätzle, die Mike im Supermarkt erworben hatte. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob es sich bei Spinatspätzle um eine italienische Spezialität handelt, aber lecken waren die Dinger auf jeden Fall.

Terasse in der Sonne - vor dem Frühstück
Terasse in der Sonne – vor dem Frühstück

Ziel des Tages war die Alcantara Schlucht. Zwischen Taormina und Ätna gelegen schlängelt sich ein kleines Bächlein namens Fiume Alcàntara durch die Berge, staut sich in kleinen Seen und hält hier und da kleine Wasserfälle bereit. Der offizielle Eingang führt durch den botanischen Garten und kostet absurde 13 Euro Eintritt pro Person. Es gibt einen Seiteneingang, bei dem man den botanischen Garten auslassen kann, aber der Zugang dort war gesperrt, denn angeblich herrschte Hochwasser.

Es sollte sich herausstellen, dass der versperrte Weg unser Glück war, denn den besten Zugang zu der Alcantara Schlucht hat man zwei Kilometer weiter landeinwärts. Man muss zur Gurne dell’Alcantara direkt vor dem Örtchen Francavilla – dort ist der Zugang kostenlos, nicht gesperrt und malerisch schön. Man sollte nur nicht den Fehler machen, zu versuchen mit dem Auto bis zu dem Punkt auf Google-Maps zu fahren, den Google als Ziel der Gurne ausmacht. Google zeichnet da zwar eine Straße ein, aber der Begriff „Straße“ ist hier ein ziemlicher Euphemismus. Die einzige Fahrspur wurde enger und enger, links und rechts säumten Steine und Stachdrahtzäune den Weg und irgendwann standen wir vor einer Kurve bei der ich mir ziemlich sicher war, dass unser Citroen C4 da nicht durchpassen würde. Also wieder zurück. Nur konnte man nicht wenden. Also stiegen Frank und Denis aus, winkten und riefen und ich eierte mit dem Mietauto langsam die Straße zurück. Ständig musste ich dabei an den Selbstbehalt bei Schäden in Höhe von 1.000 Euro denken und dann kam uns doch tatsächlich noch ein Auto entgegen – ein kleiner Fiat 500 mit Opa am Steuer, der erst einmal – wie man das hier eben so macht – fröhlich hupte, dann aber schnell einsah, dass er keine Wahl hatte, als hinter einem langsam und umständlich zurücksetzenden Touristen hintendreinzutrotten. Nach zehn Minuten erreichten wir schließlich eine Stelle zum Wenden und konnten den Wagen unbeschädigt abstellen.

Durch diese hohle Gasse sollte ich fahren (hier war sie noch breit)
Durch diese hohle Gasse sollte ich fahren (hier war sie noch breit – den Rückwärtsgang legte ich drei Kurven weiter hinten ein)

Zu Fuß erreichten wir die Schlucht, die direkt an den Hängen von Obstbäumen und Kakteen gelegen ist und bei strahlendem Sonnenschein tapsten wir durch die malerische Natur. Mike pflückte uns reife, süße Orangen und auf dem Weg begegneten uns dutzende Eidechsen. Die einzigen anderen Menschen, wie wir auf der Ecke sahen, waren ein paar Camper an einem kleinen Wasserfall, ansonsten hatten wir die ganze Schlucht und Natur drumherum für uns allein. Der Weg zurück führte uns durch Francaville, ein sicherlich nicht reiches Städtchen, das aber dennoch – vielleicht auch ein wenig wegen des schönen Wetters – einen fast einladenden Charme versprühte. Nur Frank fühlte sich wohl nur bedingt eingeladen und merkte trocken an: „Könnte auch in Weißrussland sein.“

Alcantara Schlucht und Wasserfall
Alcantara Schlucht und Wasserfall
Mike kümmert sich um frische Verpflegung
Mike kümmert sich um frische Verpflegung
Hinter den Kulissen - Die Entstehung einer Insta-Story eines Mode-Designers
Hinter den Kulissen – Die Entstehung einer Insta-Story eines Mode-Designers
Eine Eidechse am Wegesrand
Eine Eidechse am Wegesrand
Kaktusbaeume
Kaktusbaeume
Denis und eine Studie in Grün
Denis und eine Studie in Grün
Der König der Schlucht
Der König der Schlucht
Alcantara Schlucht
Alcantara Schlucht
Blick auf die Alcantara Schlucht
Blick auf die Alcantara Schlucht
Obstplantagen und ein uraltes Castelo und die Schlucht im Rücken
Obstplantagen und ein uraltes Castelo und die Schlucht im Rücken
Weg zur Alcantara Schlucht
Weg zur Alcantara Schlucht
Francavilla (nicht Weißsrussland)
Francavilla (nicht Weissrussland)
Ein wunderschönes Gefährt und die drei Gefährten
Ein wunderschönes Gefährt und die drei Gefährten
Der Erklärung von Flysch am Wegesrand
Der Erklärung von Flysch am Wegesrand

Unser Ausflug in die Alcantara Schlucht war am Ende eine mehr als zweistündige Wanderung und nach Besichtigung der Schluchten zog es uns wieder an die Buchten, also die Strände von Taormina. Zunächst steuerten wir die Isola Bella an, doch irgendwie waren uns dort zu viele Menschen und zu viele Steine, also ging es wieder zurück zum daneben gelegenen Delfino-Strand. Ich erstand ein paar Bier, Denis einen Café und Mike und Frank waren alsbald im Wasser verschwunden. Zusammen mit Mike kletterte ich ein wenig später auf einen Felsen, der direkt neben dem Strand steht, wo Angler versuchten, Fische zu fangen. Irgendwann gesellten sich britisch-amerikanische Teenager an den Strand und machten mit Boombox und Gejohle unverhältnismäßig viel Krach. Immerhin sprangen sie etwas später von der Klippe, auf die Mike und ich kurz zuvor noch geklettert waren. Das war ein Sprung von ungefähr zehn Metern und wir hätten ihnen das eigentlich gar nicht zugetraut, aber auf den Sack gingen sie uns mit ihrem Krach trotzdem, also machten wir uns auf den Heimweg.

Felsen am Strand, einfach zu besteigen, mit zehn Meter Klippe ins Wasser
Felsen am Strand, einfach zu besteigen, mit zehn Meter Klippe ins Wasser
Felsen erfolgreich bestiegen
Felsen erfolgreich bestiegen
Isola Bella samt Strand
Isola Bella samt Strand

Den kurzen Rest des Nachmittags ströperten wir noch einmal durch die Gassen von Taormina, erwarben viel zu viel Gebäck, Mitbringsel und aßen Eis. Sehr zu empfehlen: Bar Novè a Taormina – dort gibt es vor allem Dinge mit Pistazien: Likör, Aufstrich, Öl, Pesto und Eis. Das Eis (eine Form von Softeis) war ein absoluter Hit und damit stopften wir uns die Bäuche voll.

Großartiges Pistazieneis
Großartiges Pistazieneis

Tag 6 – Arrivederci

Montag war unser letzter Reisetag und damit hieß es Abschied nehmen. Taormina war uns fast eine Woche eine liebe Bleibe und ein schönes Zuhause in Italien. Nur die Betten, die waren scheiße und ich verbrachte die halbe letzte Nacht damit, mich auf mein eigenes Bett zu freuen.

Zum letzten Tag gab es ein großes Reste-Essen-Frühstück mit Käse, Marmelade, Obst, Jogurth und Café. Leider war es diesen Tag ein wenig regnerisch und so mussten wir das Frühstück nach drinnen verlegen. Danach packten wir alle Sachen zusammen, stopften diese in den Kofferraum unseres Mietwagens und machten uns gegen Mittag auf Richtung Catania.

Wir hatten noch einen ganzen Nachmittag zur Verfügung und den ersten Teil davon verbrachten wir erst einmal damit, einen adäquaten Supermarkt zu suchen, um Pistazien zu erwerben. Der eine Laden, den Frank für uns fand, hieß zwar Mega-Store, aber so mega war der gar nicht. Das Ding sah aus wie ein schlechter Kaiser’s und die dargebotenen Pistazien kamen nicht aus der lokalen Produktion, sondern waren aus Kalifornien importiert. So ein Blödsinn – da haben die in direkter Nachbarschaft in Bronte (ein Dorf neben dem Ätna und nicht etwa in Schweden) weltberühmte Pistazien, aber im Supermarkt bekommt man diese nicht. Etwas unschlüssig watschelten wir durch den Markt, nahmen die Pistazien in die Hand, legten sie wieder weg, liefen zum Käse und zur Wurst (also nur Frank lief zur Wurst) und am Ende gab es ein wenig Käse und schon geriebene Pistazien aus denen ich jetzt einen Kuchen oder Kekse zubereiten soll. Na mal sehen, was das wird.

Nach dem Supermarkt machten wir einen kurzen Abstecher in einer Art kleinem Künstler-Viertel. Das fiel uns schon am ersten Tag in Catania auf und nun nahmen wir das Ding etwas genauer unter die Lupe. Am Ende handelte es sich um eine Sammlung von ein paar Museen (unter anderem ein Film-Museum) in schicken alten Fabrikgebäuden, aber irgendwie waren diese Museen zumindest an diesem Montag völlig menschenleer.

Komische Fancy-Gebäude
Komische Fancy-Gebäude
Alte Fabriken in Catania
Alte Fabriken in Catania

Also fuhren wir weiter in die Innenstadt Catanias. Dort war unser erstes Ziel eine Pizzeria und Google empfahl uns die Pizzeria del centro Baldoni Bennardo – ein reichlich unscheinbar aussehender Laden, der aber authentische und ordentliche Pizza zu übersichtlichen Preisen anbot. Die Portionsgröße war zwar auch übersichtlich, aber unser Hunger war auch noch gar nicht so groß. Anschließend spazierten wir einmal die Via Etnea – die lokale Einkaufs- und Flanier-Meile – hinab und beschauten die wichtigsten Sehenswürdigkeiten (also vor allem Brunnen, Döme, Kirchen und Satuen von diversen Bellinis). Insgesamt machte die Stadt einen süditalienischen Eindruck. Das heißt, alles war ein wenig chaotisch, ein wenig unordentlich und ein wenig hektisch, aber dennoch irgendwie liebenswert und teilweise auch liebevoll.

Enden sollte die Reise da, wo sie am vorigen Mittwoch auch begonnen hatte, nämlich im Comis Ice Cafe neben dem Teatro Massimo Bellini. Wieder bestellten wir dort außerordentlich schmackhaftes Eis, ich hatte einen Espresso und ein Bier und wir ließen den Nachmittag ganz entspannt ausklingen. Auf dem Weg zum Auto lief Mike noch Kollegen aus Berlin über den Weg, die zufälligerweise genau über den gleichen Zeitraum ebenfalls auf Sizilien Urlaub machten.

Wein und Leckerlie am Flughafen
Wein und Leckerlie am Flughafen

Dann blieb uns nur übrig, das Auto zum Flughafen zu fahren, abzugeben (keine Kratzer, keine 1.000 Euro Selbstbehalt, nicht einmal die erste Tankfüllung komplett verfahren – nur 630 km) und es uns auf dem Flughafen gemütlich zu machen. Wir verdrückten die vortags für teures Geld erworbenen Süßigkeiten, tranken unsere letzte Flasche Wein und machten uns dann auf zu unserem Flugzeug. Mit weniger als einer Stunde Verspätung hob unsere Ryanair-Kiste ab und schon wieder saßen wir in einem ziemlich leeren Flugzeug. Das hatte zur Folge, dass wir uns zu zweit auf zwei Dreier-Reihen ausbreiten konnten, wobei Mike und Denis sogar eine Emergency-Reihe für sich hatten. Frank und ich genehmigten uns erstaunlich leckere Mikrowellen-Nudeln, Lasagne, Bier und Wein und beendeten damit unseren gar nicht kurzen Kurzurlaub in Süditalien.

Schön war’s – wir kommen bestimmt mal wieder.

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Robert
Robert
6. March 2018 11:41

2017 also ja? Na dass ist ja interessant.

Ganz tolle Bildas und wieder super kurzweilige/unterhaltsame Schreibe..