Tag 2 – Shoppen & Futtern

Nach einem langen ersten Reisetag schlief ich wie ein Stein in unserem Palast. Direkt vor unseren Fenstern wurde – so berichteten später unsere gesamte Reisegruppe unisono – am späten Abend noch wilde, laute Musik gespielt. Davon merkte ich keinen Deut und um kurz nach Sieben stand ich auf und fühlte mich ganz neu belebt.

Frank holte uns Hörnchen aus der Bäckerei neben unserer Wohnung und in unserer Küche konnte man einen Kaffee zubereiten. Perfektes Frühstück!

Frisch gestärkt machten wir uns auf Entdeckungstour durch die Stadt. Zuerst führte uns diese Tour zum Mercato di Ballarò, dem Tagesmarkt Palermos, ganz in der Nähe des Hauptbahnhofs. Vor 20 Jahren war dieser Markt für Frank und mich die Hauptquelle unserer täglichen Verpflegung – Salami und Parmesan. Tatsächlich sah der Markt noch fast genauso aus wie damals – eng, ganze viele Fischstände mit fangfrischem Schwertfisch, wild rufende Händler, jede Menge frisches Gemüse und zwischendrin Leute, die sich auf Motorrollern durch die Menschen wuseln. Für einen Zeitraum von einer Stunde fühlt sich so ein Treiben herrlich an. Arbeiten müssen, möchte ich hier aber nicht. Muss ich ja auch nicht. Zum Glück waren wir heute alle nur Touristen und konnten ganz gemütlich durch den Markt schlendern. Frank fand getrocknete Tomaten, die er für zu Hause mitnahm und ich kontemplierte kurz, einen Aperol zu erwerben. Dann schaute ich aber auf die Uhr und stellte fest, dass es noch nicht einmal 10:00 Uhr war – vielleicht knapp zu früh einen Drink.

Wir hatten schließlich genug vom Markt und suchten alsdann die Cattedrale di Palermo auf. In diesem stattlichen Sakralbau liegen unter anderem die Gebeine des Staufers Friedrich II. Der war im 13. Jahrhundert fast 40 Jahre Kaiser des römisch-deutschen Reiches und Autor des – wie Frank anmerkte – Weltbeststellers De arte venandi cum avibus („Über die Kunst mit Vögeln zu jagen“). Wir schauten uns in der Kathedrale die Gruft und das Kirchenschiff an und durften sogar auf den Dachfirst, von wo aus einen Blick über die Weite Palermos schweifen ließen.

Aperol für 3 € macht glücklich

Nach einer Stunde hatte aber dann zumindest ich von der Kirche mehr als genug und wir ströperten weiter durch die Gässchen der Altstadt. Irgendwo fanden wir einen kleinen Laden, der uns Aperol für 3 Euro pro Becher verkaufte. Es war inzwischen schon nach zehn, also im Urlaub durchaus Zeit, sich so einen Becher zu teilen. Danach hatten wir Hunger und Frank führte uns zum Streetfoodmarkt Mercato del Capo. Dort bot man uns an einem Stand jede Menge kleine Happen an, die wir gerne annahmen. So gab es Reisbällchen, gebackene Auberginen, Fischfrikadellen, gegrillten Tintenfisch, Brot, Wein und Bier – ein hervorragender Mittagstisch!

Mit viel Essen, Aperol und Bier im Bauch war nun eigentlich meine Zeit für Mittagschlaf gekommen (meiner Meinung eine der besten Beschäftigungen am frühen Nachmittag). Auf dem Weg zu unserem Quartier kamen wir jedoch an einem kleinen Geschäft vorbei, das bunte Hemden verkaufte. Der Laden hieß Camiceria mit dem Untertitel „The Best“ und ich hatte schon am Vortag ein Hemd im Schaufenster erblickt, das ganz famos aussah. Wenn der Laden schon „The Best“ im Namen trägt, kann er ja nur großartig sein! Silke spornte mich an, shoppen zu gehen und schon fanden wir uns zu viert in dem Geschäft wieder. Ich probierte ganz viele Hemden und Hosen an und ließ mich von Silke beraten, während der Ladeninhaber immer wieder neue Dinge in meiner Größe heraussuchte. Am Ende fand ich zwei Hemden und drei Hosen, auch Frank wurde um ein Hemd reicher und ich stellte fest, dass Shoppen tatsächlich glücklich macht. Uns blieb nur zu hoffen, dass die ganzen neuerworbenen Klamotten in unsere kleine Handgepäckskoffer passen.

Shoppen macht glücklich – auch wenn wir diese Hose nicht gekauft haben

Vollbepackt stiefelten wir nach Hause und nun war für Frank und mich die Zeit für eine Siesta. Silke und Stephan hielten von einer faulen Stunde am Nachmittag nicht ganz so viel und erkundeten stattdessen den Hafen. Es gab diesmal kein großes, sondern zwei kleine Schiffe, die ankerten und Touristen aus aller Herrenländer in die Altstadt spülten.

Nach unserer getrennten Mittagsruhe und Hafentour machten wir uns hernach gemeinsam auf dem Weg zur Kirche Santa Maria dello Spasimo, einer angeblich wunderschönen unvollendeten Kirche ohne Dach im Viertel Kalsa. Die Fotos dieser Kirche sahen auch ganz prima aus, nur selbst sehen konnten wir wie die Kirche nicht. Als wir davorstanden, stellten wir fest, dass das ganze Ding zwecks Renovierung geschlossen ist. Wahrscheinlich hat es hineingeregnet… Wir drehten dann so noch eine Runde durch zahlreiche weitere Gässchen, die so langsam alle gleich aussahen. Vielleicht waren wir durch dieselben Gassen und Straßen inzwischen aber auch einfach schon mehrfach gelaufen. Wir entschieden uns kurzerhand, zu Hause noch ein wenig zu chillen und uns schick für den Abend zu machen. Ich nahm mir die Zeit, meine ganzen neuen Klamotten noch einmal anzuprobieren und entschied mich schließlich für einen Look in blau mit Blümchen.

Zum Dinner trafen wir meine liebe, ehemalige Kollegin Elena, welche in einem Vorort Palermos wohnt. Ich hatte mir schon vor vielen Jahren vorgenommen, sie hier einmal zu besuchen und nun war dies eine perfekte Gelegenheit. Elena empfahl uns das Restaurant Brama und dort schmausten wir vorzüglich. Zunächst gab es jede Menge typisch sizilianische Appetizer, darunter etwas, das man hier Pizza Siciliana nennt. Mich erinnerte diese Pizza viel mehr an die fetten Pizza Americanas von Wagner – jede Menge Boden und Käse und ansonsten nicht sehr viel. Frank konnte mich aufklären, dass das kein Zufall ist – diese Pizza wurde von sizilianischen Einwanderern nach Amerika gebracht und verbreitete sich prompt über den ganzen Kontinent. Während Elena sich als Hauptgang Nudeln mit Rahmkäse und geriebener Schokolade bestellte (eine wilde, wohl aber mundende Mischung – wir durften probieren!), bekam ich Kalb serviert. Auf Anraten des Kellners, wurde mein Kalb medium-rare serviert. Es war sogar so rare, dass ich kurz dachte, ich könnte es noch Muhen hören. Frank war das ganze zu blutig, aber ich bin da schmerzbefreiter und futterte mein halbrohes Kalb fleißig auf. Es schmeckte sogar!

Wir bekamen noch Dessert, ein paar Cocktails und Verdauungsschnäpse und wir schnatterten mit Elena über vergangene Zeiten in unseren ehemaligen Companies, Reiseziele auf Sizilien, die Eigenarten des Lebens in Süditalien (man lebt bis 35 bei seinen Eltern, jeder hat ein Auto, man zahlt Steuern und bekommt keine Gegenleistung vom Staat, aber jeder ist irgendwie glücklich) und anstehende Urlaubspläne. Ich hoffe, ich konnte sie überzeugen, irgendwann nach Berlin zu kommen.

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Tammo
Tammo
25. October 2023 12:35

Im Kuba-Blog hieß es mal, deine Definition von Glück (nach Harald Juhnke) seien keine Termine und leicht einen sitzen zu haben. Schön, dass sich das auch frei mit Shopping kombinieren lässt! Das Hemd sieht toll aus

P.S.: Dieses kalt-nieselige Wetter erwartet euch bei eurer Rückkehr – siehe Foto (und es hat nicht einmal Glück gebracht!)

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Karla
Karla
25. October 2023 13:24

Ja, das war offenkundig ein schöner Tag für euch. Und ich freue mich, via Blog fast dabei sein zu können.