Tag 4 – Nebel, Klebstoff, Felicità  

Den Abend des Vortags ließen wir auf der Terrasse bei einem Spiel Doppelkopf ausklingen. Für Frank und mich war es die erste Partie seit über 15 Jahren. Wir waren ein wenig eingerostet und es brauchte ein paar Runden, bis wir in Tritt kamen, aber nach nur einem dutzend Spielen gewann auch Frank seine erste Runde.

Die Betten wurden zeitig besucht und wir mussten bei unserem Palazzo ein paar Abstriche in der B-Note eintragen – die Dusche wird nur lauwarm, das Internet verschwand abends und in der Nachbarschaft bellten unablässig verschiedene Hunde. Kleinigkeiten!

Kurz nach Sieben Uhr morgens stand Stephan schon in der Küche und wurde seiner Vaterrolle in unserer Runde voll gerecht, indem er Brote schmierte. Die brauchten wir auch für unsere anberaumte Wanderung auf den Monte Inci und den Pizzo delle Neviere. Ich sprang noch einmal in den Pool (der war ebenso wie die Dusche lauwarm), wir tranken einen Kaffee, aßen ein paar Stullen und schon kurz nach Acht machten wir uns auf den Weg. Schließlich ist Urlaub und im Urlaub steht man früh auf, um massenhaft Kilometer zu wandern!

Stephan fuhr und Frank navigierte uns zu einer kleinen Seitenstraße in Castellammare, die ein wenig schäbig aussah und vor einem Wald am Bergessaum endete. Wir schnappten uns unsere Rucksäcke und liefen leichtfüßig ein paar hundert Höhenmeter und ein paar Kilometer den Weg entlang. Dabei musste man sich an der einen oder anderen Stelle den tatsächlichen Weg dazu denken – wir liefen eher durch Brombeergebüsche und hohes Gras, aber wir kamen dennoch gut vorwärts. Das lag vor allem an Silke, die eisern voran stiefelte. „Wo Lipecky ist, ist vorn“, merkte Stephan an. Da wollte ich auch sein und so versuchte ich, so gut es ging, mit Silke Schritt zu halten.

Die Reihenfolge stimmt hier noch nicht ganz. In der Regel lautete diese: Silke, Arved, Frank, Stephan

Vom Wegesrand sah man dann und wann die Küstenlinie und den Ort Castellammare. Von den beiden Gipfeln, die wir erklimmen wollten, sah man zumeist weniger, da waren Wolken dazwischen. Wir steuerten trotzdem erst einmal den Monte Inci an. Der hat immerhin eine Höhe von 1.064 Metern und übersieht sowohl das das Meer als auch die Regionen Inci und Borgo Fodera im Hinterland. Schon die alten Griechen waren damals hier und hatten am Berg die Siedlung Inykon angelegt. Von dieser Siedlung sahen wir aber nichts. Eigentlich sahen wir am Gipfel generell nicht sonderlich viel, denn der hing in einer riesigen Wolke. In dieser standen wir und froren ein wenig.

Frank, Silke und Stephan zogen sich lange Klamotten an, ich hatte für die Kälte am Gipfel weniger geplant und fror vor mich hin. Wir liefen den Weg wieder ein Stück hinab und machten uns auf zum zweiten Gipfel, dem Pizzo delle Neviere. Dieser ist ein paar Meter weniger hoch und hing in etwas weniger Wolke. Kühl war es trotzdem. Wir machten geschwind ein paar Fotos und uns hernach an den Abstieg.

Gruppenbild auf dem Gipfel

Mit jedem Höhenmeter, den wir nach unten kamen, wurde es ein wenig wärmer und wir machten uns schnellen Schrittes auf den Rückweg. Auch beim Abstieg konnte ich nur schwer mit Silke schritt halten, die die Speerspitze unserer Wandergruppe bildete. Vielleicht lag das aber auch ein wenig daran, dass ich mit einfachen Chucks durch steiniges Geröll stiefelte. Nur Frank hatte es mit seinem Schuhwerk noch übler getroffen als ich. Seine Schuhe fielen beinahe auseinander und er schaffte es fast, uns davon zu überzeugen, dass die Botten noch DDR-Zeiten waren. Ganz so alt waren sie nicht, aber mit Sicherheit waren sie so zertreten, dass Sizilien ihre letzte Reise sein musste.

Nach gut fünf Stunden, 17 Kilometern und rund 900 Höhenmetern waren wir wieder am Auto und mit unserem Tagwerk ganz zufrieden. Für die Wolken am Gipfel konnten wir nichts, die Wanderung hatten wir in hinreichend schneller Zeit absolviert und die einzigen Verletzungen waren ein paar Ratscher von den stacheligen Brombeersträuchern.

Am Wegesrand fanden wir zahlreiche Blumen, die wir zu dieser Jahreszeit in in Deutschland definitiv nicht finden würden:

In Castellammare streiften wir noch einmal durch die Innenstadt und genehmigten uns ein Eis. Es war gar nicht so einfach, letzteres zu erwerben. In der Stadt herrschte Siesta und diese schloss die meisten Eismanufakturen mit ein. Am Ende fanden wir aber einen Eisladen für uns und auf dem Heimweg erkundschafteten wir sogar einen Heimwerkerladen, in dem Frank Klebstoff erwarb, um damit zu Hause seine ollen Schuhe für eine allerletzte Wandertour notdürftig zu flicken.

Mit Eis und Klebstoff versorgt, fuhr Stephan uns zu unserem Palazzo mit Abzügen in der B-Note. Dabei durfte diesmal ich den DJ spielen. Es gab unter anderem (wir sind immer noch deutsche Touristen) Ricchi e Poveri mit Mamma Maria und Felicità von Albano & Romina Power. Letzteres sang Stephan so begeisternd mit, dass ich überlege, ob man mit ihm Karaoke machen könnte.

Zu Hause gab es ein paar Aperols und wir chillten am Pool, bevor Silke, Frank und Stephan zum Abendbrot luden.

Dinner
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Tammo
Tammo
26. October 2023 19:58

Wir alle brauchen schnellstmöglich eine Karaoke-Show von Stephan und dir direkt nach eurer Rückkehr!

Lasst euch das Abendessen schmecken – nach der Wanderung habt ihr es euch noch mehr verdient als sonst 🙂

Karla
Karla
27. October 2023 12:41

Sehr schade, dass sich der Gipfel in eine Wolke hüllte, wenn ich mich recht erinner, hat Arved mit derlei Geschehnissen schon Erfahrungen.
Die Butterblume war übrigens keine, dafür ist der Stengel zu dünn, ich weiß aber auch nicht, was es denn nun ist. Und der Krokus ist auch keiner, sondern eine Herbstzeitlose;-)
Ach ja, Karaoke wäre doch zu Arveds Geburtstag nicht schlecht.