Tag 8 – 11:8

Unsere Unterkunft bei Sciacca war qualitativ lange nicht auf dem Stand unseres Palazzos Prozzos bei Castellemmare. Unser Haus war aus den 60’er oder frühen 70’er Jahren und bei einigen Einrichtungsgegenständen wussten wir nicht so recht, ob es sich um funktionale Dinge oder Deko handelte – etwa bei dem Radio im Wohnzimmer. Es roch hier und da ein wenig muffig und die Küche war nur spartanisch ausgestattet. Dafür gab es warmes Wasser in der Dusche und wir alle schliefen tief und fest eine ganze Nacht durch.

Am frühen Morgen machten Stephan und ich einen Ausflug zum lokalen Lidl, um ein wenig für das Frühstück einzukaufen. Zu Hause wurden die erworbenen Schokocroissants und das Brot vertilgt, nur auf adäquaten Kaffee mussten wir verzichten. Weder fanden wir unterwegs ein Café mit Siebträgermaschine, noch hatten wir in unserer Unterkunft eine funktionale Kaffeemaschine.

Zum Glück schlug Frank eine Tour nach Sciacca vor. Dort sollten Silke und ich Latte Macchiato und Cappuccino bekommen. Sciacca ist eine 40.000-Einwohner Stadt im Südwesten Siziliens und die Geschichte der Stadt reicht bis in die Bronzezeit zurück. Tatsächlich fand man nach dem zweiten Weltkrieg im Wasser vor der Stadt eine inzwischen berühmte Statuette, den Melqart von Sciacca, welcher über 3.000 Jahre alt ist. Wir durchliefen einmal die nicht ganz so alte Altstadt und hegten wir vage Hoffnung, ein wenig shoppen zu können. Doch die einzigen Geschäfte, die geöffnet hatten, waren Keramikläden. Gefühlt war jeder zweiter Laden einer mit bunter Keramik, Kacheln oder Korallenschmuck. Das wirkte auf mich alles eher wie Touristenneppe. Die anderen Läden waren geschlossen (vielleicht ist Montag ja Ruhetag?) und die engen Gassen der Altstadt waren mit Autos überhäuft. Der Charme des Stadtzentrums hielt sich in Grenzen. Dafür war der Blick auf den Hafen und Jachthafen beeindruckend lohnend.

Noch viel lohnender sei der Blick von und auf Caltabellotta, einem kleinen Bergdorf 30 Minuten von Sciacca entfernt, empfahl Frank und so fuhr uns Stephan über geschlungene Serpentinenstraßen zu dem Dorf hinauf. Schon Goethe fand lobenswerte Worte über den Ort und preiste die wunderliche Felsenlage von Calata Bellotta in der Italienischen Reise. Frank war dieser Ort ein Begriff, weil hier im 13. Jahrhundert der Frieden zwischen dem spanischen Aragon und dem französischen Anjou geschlossen wurde. Dass Frankreich und Spanien nun ausgerechnet in einem Bergdorf auf Sizilien einen Friedensvertrag unterzeichneten lag vor allem daran, dass es in den vorangegangenen Konflikten in erster Linie darum ging, wem die Insel Sizilien gehören sollte.

Während unserer Anwesenheit in dem Dorf wirkte es so friedlich, dass man es schon verschlafen nennen könnte. Auf jeden Fall waren wir die einzigen Touristen, die durch die engen Gassen liefen. Trotz der Enge zwischen den Häusern schafften es die Italiener, hier überall mit Autos entlangzufahren. Die beliebtesten Modelle waren Fiat Pandas aus den frühen 90’er Jahren – klein, leicht, rostfrei, unkaputtbar und billig – die perfekten Autos für gedrängte Gassen.

Frank führte uns zur Cattedrale Caltabellotta, welche im 11. Jahrhundert errichtet wurde. Diese war leider geschlossen. Dafür war der Aussichtspunkt daneben, der Pizzo Kràtas di Caltabellotta, geöffnet. Man musste nur gut 200 steile Stufen steigen und schon hatte man eine stattliche Sicht über das Hinterland bis zur See.

Nachdem wir die Sicht genügend bewundert hatten, stiegen wir hinab in das Örtchen und wollten die lokale Wirtschaft unterstützen und uns vier Drinks bestellen. Wir betraten das einzige Café am Ort, wo man uns erst ein wenig verstört musterte und dann auf unsere Bestellung nur das Wort „chiuso“ dahinmurmelte. Die lokale Wirtschaft hatte geschlossen. Mittagspause.

Zum Glück hatten wir auch Drinks zu Hause. Stephan sauste mit uns die Serpentinen durch zahlreiche Olivenhaine wieder hinab und daheim zauberte er uns geschwind vier Aperols, welche wir mit den Resten unserer gestrigen Pizza verzehrten. Ein perfekter Nachmittagssnack!

Anschließend legten Silke, Stephan und ich uns an den Pool, während Frank seinem Drang nach Meerwasser nicht widerstehen konnte und an den nächsten Strand fuhr.

Am späteren Nachmittag wurden die Tiere im Streichelzoo gefüttert. Ich hielt mich nach meinem vortägigen Eselfiasko von den Viechern zurück. Tatsächlich hatte ich inzwischen gelesen, dass vereinzelt Menschen durch Eselbisse zu Tode gekommen waren – das brauche ich nicht, vielen Dank! Dafür kümmerte Silke sich liebevoll um Esel, Pony, Pferd, Hühner und Gänse.

Am späten Nachmittag wurde ein wenig Tischtennis gespielt. Nachdem Frank und ich erst ein wenig mit Bällen und Kellen herumstümperten, zeigten uns Stephan und Silke, wie man richtig spielt. Dabei spielte Silke noch richtiger als Stephan und gewann das Match 11:8. Zur Belohnung musste sie weiter gegen mich spielen und gab mir eine halbe Stunde impromptu Tischtennisunterricht. Danach hatte ich das Gefühl, zumindest Frank jetzt schlagen zu können.

Aber das Schlagen musste warten. Es war inzwischen Abendbrotzeit und wir hatten noch jede Menge Aufschnitt und Brot, welches wir verzehrten. Wir ließen den Abend mit einer Runde Doppelkopf (Stephan gewann haushoch) ausklingen und chillten noch ein wenig auf der Terrasse.

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Karla
Karla
31. October 2023 10:59

Ein ähnliches Radio hatten wir, als ich noch Kind war, und das ist schon ziemlich lange her.
Schön, dass der Eselbiss offenbar keine weiteren Folgen hatte. Aber wer weiß, vielleicht wachsen Arved ja noch Eselsohren. Ach nee, ich glaub, da hab ich jetzt etwas mit dem kleinen Muck verwechselt.