Tag 4: Angehende Weinconnoisseure am See Großes Wasser

Seit 1964 findet in Montreux am Genfer See alljährlich ein Jazzfestival statt, welches viele Jahre eines der wichtigsten Jazz-Events weltweit war. Chuck Berry, B.B. King, Sten Getz und Count Basie kamen nach Montreux und Miles Davis spielte hier zwei Monate vor seinem Tod im Jahre 1991.

Nun schauten wir auch einmal vorbei. Schon vor zwei Jahren erwägten wir einen Abstecher an den poschen Urlaubsort an der Westseite des Genfer Sees, aber uns fehlte die Zeit. Diesmal nicht. Diesmal waren Montreux, Genfer See und Weinverkostung eingeplante Ordnungspunkte unseres vierten Reisetags und um für alles genug Zeit zu haben, fuhren wir geschwind nach dem Frühstück los.

Frank steuerte uns sicher zur Promenade von Montreux und nachdem wir dort aus dem Parkhaus stiegen, erörterte Andreas (der vor drei Jahren mit Moritz bereits einmal da war): „So, hier ist es schön!“.

Gründerzeitbau an der Promenade von Montreux
Gründerzeitbau an der Promenade von Montreux
Genfer See vor Montreux
Frank vor der Freddy-Mercury-Statue
Frank vor der Freddy-Mercury-Statue
Montreux Musique & Convention Centre
Promenade, Dreierbande, Genfer See und Alpenpanoramo

Recht hatte er. Die Promenade von Montreux ist ziemlich genau so, wie man sich „Schweiz“ vorstellt: sauber, ein klein wenig kitschig, ein blauer See mit klarem Wasser und am Horizont ganz viele Alpen. Nur sprachen die Leute hier plötzlich Französisch. Aber das sollte man im französischsprachigen Teil der Schweiz vielleicht auch erwarten.

Wir liefen die Promenade einmal hinauf, einmal hinab, besichtigten (von außen) das Montreux Musique & Convention Centre, das Gebäude in dem die meisten der Konzerte des Jazz-Festivals stattfinden. Zwischendurch genehmigten wir uns noch ein Eis, wobei vor allem ich mit einem dunklen Schokoladensorbet einen absoluten Volltreffer gelandet hatte. Schokoladig, vollmundig, prickelnd und ganz ohne Milch und deswegen immer noch erfrischen – ein ganz famoses Sommereis.

Viermal Eis!
Viermal Eis!

Nach einer Stunde an der Promenade von Montreux stellte ich fest, dass es jetzt auch schön genug war und auch Andreas und Moritz, die weitere Teile der Stadt kannten, versicherten uns, dass der Rest von Montreux nicht zu sehenswert sei und wir fuhren zum nächsten Ausflugsziel, zum Wein.

Den Wein fanden wir in der Domaine Neyroud-Fonjallaz in dem kleinen Örtchen Vigneron-Encaveur, ein paar Straßenschlaufen oberhalb von Montreux. Als wir gegen 13.30 Uhr dort anlangten, teilte uns ein netter Herr auf französisch mit, wir mögen bitte später wiederkommen. Wahrscheinlich waren wir schon südlich genug, dass „Siesta“ ein relevantes Konzept der Lebensführung ist. Zu Recht, denn in der Mittagsstunde war es drückend heiß. Wir vertrieben uns die Zeit und fuhren einen Ort weiter, wo Frank eine Self-Service-Station zur Weinverkostung fand. Die bestand aus einem Kühlschrank mit lauter Weinflaschen, Preisangaben und einer Station mit Kartenzahlung. Die Idee war, dass man den Kühlschrank öffnet, trinkt und kauft und dann nach Vertrauensprinzip zahlt. Verrückt! Sympathisch! Aber ich merkte an, dass essentieller Bestandteil einer guten Weinverkostung immer eine nette – meistens ältere – Dame ist, die einem die Weine serviert und erklärt, was man da grade trinkt. Also keine Self-Service-Verkostung.

Self-Service Weinverkostung
Self-Service Weinverkostung

Wir fuhren wieder zur Neyroud-Fonjallaz Domaine et voilà, diesmal wurden wir empfangen und wie von den Weinverkostungen in Frankreich gewohnt, war es tatsächlich eine Dame mittleren Alters, die uns zunächst kurz die Geschichte des Gutes erklärte (seit 1906 in Familienbesitz und offenbar geschickt durch Eheschließungen familiär vergrößert), den Weinkeller zeigte und hernach insgesamt sieben oder acht Weine darbot. Den ersten fand ich ganz scheußlich bitter und grießgrimmig, wohingegen Frank ganz angetan von dem Weißwein ohne Restsüße war. Danach gab es buttrig schmeckende Weißweine, fruchtig-saure Rotweine und einen Rotwein, der einem so voll im Mund klebte, dass man ihn eigentlich nur zu Blauschimmelkäse trinken kann.

Besichtigung des Weinkellers
Besichtigung des Weinkellers
Innenraum der Domaine
Innenraum der Domaine
Auf dieser Terrasse verkosteten wir (nach dem Schaukeln) den Wein
Auf dieser Terrasse verkosteten wir (nach dem Schaukeln) den Wein

Die Funktionsweise dieser Verkostungen ist übrigens ganz einfach. Man gibt den potentiellen Kunden so viel zu trinken, dass sie ganz selig werden und dann kaufen sie von ganz alleine zahlreiche Flaschen. Das hat bei uns auch gut funktioniert, wobei die Weine tatsächlich einen sehr einzigartigen Charakter haben und uns sicherlich noch lange gefallen werden. Auch Andreas und Moritz – die nach meiner Einschätzung noch keine erklärten Weinconnoisseure sind – konnten dem Zinnober genug abgewinnen, um selbst ein paar Flaschen für den noch anzulegenden Weinkeller zu erwerben. Mit etwas Glück können wir sie das nächste mal mit nach Frankreich nehmen, um dort dann in Krankenhausmengen Weine zu kaufen.

Gruppenbild mit Wein
Gruppenbild mit Wein
Andreas und Moritz planen Erwerbungen für den zukünftigen Weinkeller
Andreas und Moritz planen Erwerbungen für den zukünftigen Weinkeller
Weinterrassen am Lac Léman
Weinterrassen am Lac Léman
Weintraube mit Aussicht
Weintraube mit Aussicht

Ich war nach dem vielen Wein zwar minimal angetüddelt, aber sicherlich noch unter dem erlaubten Alkohollimit und wir fuhren zur Abkühlung nach Bourg-en-Lavaux, an den Plage de Cully. Dort sprangen wir in den Genfer See, der im Original gar nicht so heißt, sondern den Namen „Lac Léman“ trägt. Der Name ist tausende Jahre alt und ein doppelt gemoppelter Pleonasmus. „Lacus“ kommt aus dem Lateinischen und heißt See. „Leman“ kommt aus dem Keltischen und heißt soviel wie „großes Wasser“. Unabhängig des Namens fühlten wir uns im und am See großes Wasser sehr wohl und vor allem Frank drehte ein paar Runden im Nass, während ich vor allen das Panorama genoss und ein paar Minuten auf der Kaimauer ruhte.

Ich plansche im großen Wasser
Ich plansche im großen Wasser
Frank schwimmt weiter hinaus
Frank schwimmt weiter hinaus

Nach dem Bad stellten wir fest, dass wir alle Punkte des Tages abgearbeitet hatten und ich fuhr das Automobil wieder gen Bern, wo uns Frank einen Tomatensalat (mit Forster Tomaten) bastelte und wir diesen mit etwas Brot verdrückten. Lang wurde der Abend nicht, denn der Folgetag sollte unser großer Wandertag werden.

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