Tag 3: Lebensfroh und feine Speisen (kein Kielholen)

Eigentlich sollte Tag 3 unser Wandertag werden, aber ein mit zu großer Wahrscheinlichkeit drohendes Gewitter über unserem Wanderweg zwang uns, die Pläne ein wenig zu ändern. Aber was sind wir, wenn nicht flexibel! Also keine Wanderung, sondern spontane Stadtbesichtigung. Tatsächlich gab es einen Ort in der Schweiz, den Frank und ich besser kennen als Moritz und Andreas, trotzdem letzterer seit einigen Jahren hier lebt.

Basel. Die entspannende Rhein-Stadt im Norden der Schweiz war den Beiden fast unbekannt, wir jedoch waren schon mehrmals da, unter anderem mit Franks Eltern drei Jahre zuvor. Nach einem üppigen Frühstück fuhr uns Frank die gut einstündige Strecke, Andreas brachte uns im Auto Childish Gambino musikalisch näher und gegen Mittag lenkten wir unser Automobil in ein Parkhaus in der Baseler Innenstadt.

Frank und ich kennen in Basel mehr oder weniger drei Sehenswürdigkeiten, die wir auch schon Franks Eltern nahegebracht haben. Tinguely-Brunnen, Münster und Rheinterrassen. Diese Dinge zeigten wir auch Andreas und Moritz.

Der Tinguely-Brunnen, auch Fasnachts-Brunnen, ist ein bewegter Brunnen der Lebensfreude mit lauter kleinen Elementen, die sich mit Motorenantrieb drehen, heben oder umstülpen. Der Brunnen wabert ganz entspannt vor sich hin und um ihn herum fanden wir praktisch ausschließlich Einheimische, die dort ihr Mittagbrot verspeisten. Das alles wirkte spielerisch und beruhigend.

Tinguely-Brunnen

Nachdem wir genug von dem bewegten Brunnen hatten, führte uns Frank durch ein paar Altstadtgässchen gen Baseler Münster, einem ab 1019 gebauten Gotteshaus. Das innere des protestantischen (und entsprechend wenig lebensfrohen) Kirchenschiffs ist zu langweilig, um hier näher beschrieben zu werden, aber die Türme des Münsters sind ganz vorzüglich. Diese kann man nämlich besteigen und von oben fast ganz Basel, den Rhein und das Baseler Land sehen. Der Aufstieg ist ein kleines Erlebnis für sich, läuft man doch durch ein bestenfalls mannsbreites, gewundenes Treppenhaus, das eigentlich schon für den Verkehr in eine Richtung zu eng ist. Hier gibt es sogar noch die erweiterte Schwierigkeit, dass es Gegenverkehr geben kann und man in kleinsten Nischen des Treppenhauses Zuflucht suchen muss, so dass man sich gegenseitig passieren kann. Als wir vor drei Jahren mit Franks Eltern hier hinaufkletterten, hatten wir mehrere dieser bemerkenswerten Passiersituationen, doch da wegen Corona weit weniger Touristen in Basel weilten, waren wir diesmal die einzigen Gäste auf dem Turm und hatten freie Passage.

Klettern auf das Münster
Klettern auf das Münster
Enge Außengänge
Enge Außengänge
Blick auf den Rhein
Blick auf den Rhein

200 Stufen waren es bis auf die Spitze des Münsters und nach dem Abstieg hatten wir das Gefühl, uns im Grunde schon hinreichend viel für die erste Hälfte des Tages betätigt zu haben. Also suchten wir im hippen Studentenviertel von Basel ein vegetarisches Kichererbsen-Lokal auf, vertilgten dort ganz viel Moussaka, Hummus, Falafelbällchen und Club Mate. Ich genehmigte mir ein Guinness. Es war schließlich Urlaub!

Bis auf einen kleinen Rest Guinness war alles vertilgt
Bis auf einen kleinen Rest Guinness war alles vertilgt

Auf dem Rückweg in die Baseler Innenstadt standen wir vor den Rheinterrassen, an denen es auch möglich ist, sich durch das Wasser treiben zu lassen. Auch hier machen die Leute das mit einem wasserdichten Sack – der hier wahrscheinlich Rheinsack und nicht Aaresack heißt. Im Gegensatz zur entspannten Berner Aare ist der Rhein beschifft, mit richtig großen Kähnen. Das heißt, hier hat man – wenn man des Schwimmens nicht so mächtig ist – die Möglichkeit, Kielholen einmal ganz direkt erleben. Moritz wollte das Rheinschwimmen gerne ausprobieren, aber so recht konnte er keinen von uns von dieser Idee begeistern.

Eher ließen wir uns dazu hinreißen, eine der Rheinfähren auszuprobieren. Die Rheinfähren sind ganz wunderbare Einrichtungen, die Menschen und Fahrräder über den Rhein transportieren. Die Fähren funktionieren ausschließlich über die Kraft der Strömung des Rheins, ohne Motor und Antrieb.

Zugfähre über den Rhein ("Fääri" heißt das hier)
Zugfähre über den Rhein (“Fääri” heißt das hier)

Es gibt ein schönes, englischsprachiges Video von Tom Scott, welches das Prinzip dieser Fähren anschaulich erklärt:

Im strahlenden Sonnenschein schlenderten wir durch die Baseler Innenstand hernach zum Wagen zurück und fuhren zurück gen Bern. Da wir Moritz schon den Rhein verweigerten, machten wir zumindest einen kleinen Abstecher zu der Aare, genauer gesagte zum Lorrainebad. Dort sprangen wir einmal in die selbige, die diesen Tag schon 22 Grad hatte und freuten uns im Wasser des Lebens.

Da wir mit dem „des Lebens freuen“ noch nicht so ganz fertig waren, gingen wir zum Abend noch fein essen. Andreas hatte uns das Restaurant Lorenzini ausgesucht, einen eigensinnigen (aber guten) Italiener in der Berner Innenstadt. Dort verspeisten wir Büffelmozzarella, Vitello Tonnato, Cappelletti (quasi vegetarische Tortellini), Saltimbocca, Rissotto und eine fantastische Zitronentarte. Andreas meinte, der Schweizer würde eine so gute Tarte eine „feine Speise“ nennen – wahrscheinlich eine der höheren Auszeichnungen dieses Sprachraums. Auf jeden Fall war das Essen und der Kuchen ganz famos und beglückend. Wein, Bier und Aperol taten ihr übriges und gut beseelt machten wir uns am späten Abend auf den Heimweg zur Unterkunft, um dort die Weinreise für den nächsten Tag zu planen.

Die Rasselbande wartet auf die feinen Speisen
Vitello Tonnato
Büffelmozzarella mit Tomaten
Büffelmozzarella mit Tomaten
Saltimbocca (oder auf deutsch: Spring in den Mund)
Saltimbocca (oder auf deutsch: Spring in den Mund)
Risotto mit Waldbeeren
Risotto mit Waldbeeren
Eine Zitronentarte, die so gut war, dass wir fast vergessen hätten, sie zu fotografieren
Eine Zitronentarte, die so gut war, dass wir fast vergessen hätten, sie zu fotografieren
Blick auf Bern und Aare im späten Abendlicht
Blick auf Bern und Aare im späten Abendlicht
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