Tag 12 – Touristenbunker

An diesem Reisetag hatten wir unser letztes Frühstück bei unserem Trinidader Herbergsvati Leo. Wir packten zusammen und bedankten uns umfangreich für die Gastfreundschaft und schöne Zeit, die wir bei ihm hatten. Wir machten noch ein Abschiedsfoto, dann ging es auf unsere lange Tagesreise von Trinidad nach Varadero.

Das Wohnzimmer unserer Gastgeber
Der immer funktionierende russische Röhrenfernseher
Unsere Gastgeber Leo und Bea

Das erste Ziel der Tagesreise war der lokale Kunstladen im Ort. Dort hatten wir zuvor zwei Bilder erspäht, die wir ganz entzückend fanden. Die Bilder kosteten zusammen weniger als 50 Euro und waren leinwandfüllend. Der Laden war staatlich geführt und es würde mich nicht wundern, wenn der abgerufene Preis der Bilder unter dem lag, den der Staat den Künstlern für die Bilder gezahlt hatte. Kuba funktioniert in einigen Dingen sehr unkapitalistisch. Der Staat funktioniert aber auch über alle Maßen bürokratisch, weswegen es gut 15 Minuten dauerte, bis eine der Mitarbeiterinnen des Ladens alle Dokumente ausgefüllt hatte, die uns mit den Bildern ausgehändigt wurden. Währenddessen nahmen zwei andere Mitarbeiter die Bilder von der Leinwand und rollten sie zusammen.

Staatlicher Kunstgewerbeladen in Trinidad (er ist sehr gut)

Auf nach Varadero

Nach dem für uns im Urlaub inzwischen fast obligatorisch scheinenden Bilderkauf (auch in Frankreich kauften wir bereits zweimal Bilder im Urlaub) verließen wir Trinidad.

Wir mussten einmal gut 300 Kilometer quer über die Insel fahren. Varadero ist das touristische Zentrum Kuba. Es ist eine Halbinsel gut 100 Kilometer östlich Havannas und hat angeblich die schönsten Strände des Landes. Die Fahrt dauerte inklusive eines Tankstopps gut vier Stunden und am Nachmittag langten wir bei dem Hotel Palmera Sol an. Das Hotel hat den Charme eines All-Inclusive-Hotels der späten 90’er Jahre: Sichtbeton, muffige Ecken und komische dicke Touristen, die merkwürdig aussehen und früh am Tag Mojitos und Sangria trinken.

Die Bedienung an der Rezeption war ausgesprochen freundlich und wies uns eine Bungalow-Suite zu. Diese bezogen wir sogleich und inspizierten das Hotel. Es schien bestenfalls halbvoll zu sein. Aufgrund der Nachwirkungen von Corona und dem amerikanischen Embargo waren nur wenige Menschen hier. Laur Google-Reviews waren russische Gäste die größte Gruppe in diesem Hotel. Diese westen gänzlich ab, da sie aufgrund der Flugverbote nicht mehr nach Kuba reisen konnten. So ein halbvoller Touristenbunker könnte erträglich sein, dachte ich, während ich in der Bar saß, ein inkludiertes Bier trank und meinen Blog schrieb.

Frank posiert vor unserer Garten-Suite
Lauter kleine Garten-Suites

Zum Abendbrot fanden wir uns am Buffet ein. Serviert wurde in einem monströsen Fresssaal. Es gab komische Salate, etwas klebriges Gemüse und zu meinem Erstaunen gute Fritten. An diesen hielt ich mich fest, während Frank und ich uns die Leute beschauten, mit denen wir vier die nächsten vier Tage hier zu verbringen hatten: Deutsche, Briten, Inder, Südamerikaner – die meisten mit ein wenig zu viel Gewicht und zu wenig Geschmack. Schnell entschieden wir, in der Buffett-Bude nicht noch einmal zu essen – zu laut, zu stickig und Essen wie an einer Autobahnraststätte.

Das ganze Hotel fuhr bestenfalls mit halber Kraft. Viele Bars und Restaurants waren geschlossen und die Anzahl der angebotenen Aktivitäten war minimiert. Immerhin fanden wir des abends eine Bar, die offen hatte. Dort lümmelten wir uns auf ein Sofa, tranken unerhört viele kostenlose Cocktails und ließen den bisherigen Urlaub ein wenig Revue passieren. Harald Juhnke erklärte seine Definition von Glücklich sein einmal mit den Worten: “Keine Termine und leicht einen sitzen”. Demzufolge waren wir glücklich, auch wenn es sich so anfühlte, als wäre unser Urlaub in Kuba mit der Ankunft in dem Touristenbunker bereits beendet.

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Karla
Karla
15. March 2022 18:25

Sehr schöne Schilderung. Bei Varadero denke ich automatisch an den DDR-Schlagersänger Andreas Holm, der 1975 sang: “Sie war aus Varadero, ich dachte Yo te-quiero, an ihrem Lächeln, da konnt ich es sehn, auf Cuba wird es schön…” usw. Schlage vor, das solange ihr dort seid, täglich zum Frühstück als Hymne zu intonieren.