Tag 2: In den hydrologischen Hauptfluss gehüpft

In Bern gibt es zwei große Flussbäder: Das Lorrainebad und das Marzilibad. Diese Bäder funktionieren ganz einfach: Man geht an eine Stelle am Fluss, stopft all seine Habseligkeiten und den Großteil seiner Kleidung in einen wasserdichten Sack (einen sogenannten Aaresack) und steigt in den Fluss ein. Alternativ kann man auch samt Sack von einer Brücke in den Fluss springen.

Dann lässt man sich durch die Strömung treiben, kann sich ein wenig auf seinen Auftrieb spendenden Sack stützen oder nach Belieben den Fluss paddelnd kreuzen. So treibt man zehn bis fünfzehn Minuten und kommt – je nachdem, wo man in die Aare sprang – in einem der beiden Bäder an. Dort kann man am Rande des Flusses aussteigen. Man kann entweder gleich zurücklaufen, um die Strecke erneut zu schwimmen oder sich auf die Wiese legen oder Pommes und Quöllfrisch erwerben und sich mitsamt diesen Grundnahrungsmitteln auf die Wiese legen.

Das Ganze sieht in etwa so aus:

Ein Sprung in die Aare (Archivbild von 2018)
Ein Sprung in die Aare (Archivbild von 2018)
Schwimmen in der Aare (auch Archiv, 2018)
Schwimmen in der Aare (auch Archiv, 2018)

Dieser Montag war unser erster ganzer Reisetag in Bern, das Wetter war mit fast 30 Grad und wolkenlosem Himmel ganz großartig und da die Aare ein so zentraler Reiseanlass für uns war, widmeten wir diesen Tag mehr oder weniger ganz dem Fluss.

Morgens brachte uns Andreas erst einmal vier Gipfeli vom Bäcker und wir frühstückten diese mit etwas Kaffee. Gipfeli sind Schweizer Croissants, die man keineswegs „Croissant“ nennen darf, da sie etwas völlig anderes sind. Da sich meine Küchenkünste vor allem auf simple Kuchen und Kekse beschränken und ich von den Feinheiten des Blätterteigbackens keine Ahnung habe, merkte ich von diesem Anderssein aber überhaupt nichts. Schmackhaft waren die Gipfeli auf jeden Fall.

Während des Frühstücks erörterten wir, dass die Aare im eigentlichen Sinne gar kein Nebenfluss des Rheins ist. Die Aare ist nämlich an der Stelle, an der sie den Rhein trifft, der wasserreichere der beiden Flüsse. Deswegen müsste der gesamte Rhein eigentlich Aare heißen, da der Rhein nur der tributäre Fluss ist. Dies sei ein kontroverses Thema in Bern, merkte Andreas an. Etwas später relativierte er, dass es den Bernern einfach so gut gehe, dass man sich seine Kontroversen eben suchen müsse. Und der Streit, dass ein nomineller Nebenfluss der hydrologische Hauptfluss ist, sei eine Kontroverse, auf die sich jeder einigen kann und die keinem weh tut.

Die Aare von oben
Die Aare von oben
Andreas erklärt, welche Berge wir am Horizont sehen (unter anderem Eiger Nordwand und Jungfrau)
Andreas erklärt, welche Berge wir am Horizont sehen (unter anderem Eiger Nordwand und Jungfrau)

Der Aare selbst ist es zum Glück völlig schnuppe, wie sie heißt und sie empfing uns gegen Mittag bei strahlendem Sonnenschein und wohlig warmen Temperaturen. Wir stiefelten von Andreas Wohnung gen Marzilibad, welches von den beiden Berner Flussbädern das deutlich größere ist. Nachdem wir unsere Decken ausgebreitet hatten, liefen wir gleich gut 10 Minuten in Richtung Einstieg, schnürten unsere Aaresäcke und betraten über ein paar Stufen den Fluss. Der hatte etwas über 19 Grad, was sich gerade so hinreichend warm anfühlte und wir paddelten auf den Säcken liegend den Fluss hinab. Nach weiteren 10 Minuten waren wir wieder am Bad, gut abgekühlt und legten uns faul in die Sonne.

So sieht ein Aaresack aus
So sieht ein Aaresack aus
Einstieg in die Aare über Stufen
Einstieg in die Aare über Stufen
Oder einfach springen
Oder einfach springen
Moritz, Frank und ich vor der Aare
Moritz, Frank und ich vor der Aare
Frank, Moritz und Andreas vor der selben Aare
Frank, Moritz und Andreas vor der selben Aare

Es schien, als wäre das Treiben im Fluss und das faule Rumliegen energiezehrend und wir erinnerten uns an die Pommes. Die wirklich richtig guten Pommes – so Moritz – sind die Lorrainepommes im Lorrainebad. Die sollte es einen anderen Tag geben und die Marzilipommes seien auch nicht zu verachten. Wir holten uns ein paar riesige Pommestüten (die auch gleich 7 Franken pro Tüte kosteten) und vertilgten diese auf der Wiese.

Marzilipommes (mit Rinderfett)
Marzilipommes (wahrscheinlich mit Rinderfett)
Pommes, Quöllfrisch und alles ist gut
Pommes, Quöllfrisch und alles ist gut
In Bern sind selbst die Hunde auf der Aare
In Bern sind selbst die Hunde auf der Aare

Es schlossen sich ein paar weitere Besuche der Aare an (Moritz und ich hüpften sogar von einer Brücke über eine Distanz von bestimmt mindestens 3 Metern), wir dösten in der Sonne und schauten uns die im Fluss treibenden Menschen an. Ich las in einem in Andreas Bibliothek entdeckten Buch namens „On Writing Well“ – ein Ratgeber zum guten Schreiben. Dabei lernte ich, dass fast alles, was ich in diesem Blog mache, falsch ist. Vorsorglich bitte ich um Nachsicht!

Wie vier im Selfie-Versuch vor den Bergen
Wie vier im Selfie-Versuch vor den Bergen (die man hier einfach mal gar nicht sieht!)

Als uns Wasser, Wärme und das Wuhling im Bad zu viel wurden, machten wir uns ein paar Stunden später auf den Heimweg. Bei Andreas angelangt, bereitere Frank uns ein einfaches, nichtsdestominder köstliches Mahl bestehend aus Stampfkartoffeln, Gurkensalat und Rührei. Die Gurken kamen sogar aus dem heimischen Forster Garten. Bei mehr Quöllfrisch, Wein und Gin-Elfe ließen wir hernach den Abend ausklingen.

Frank wirkt in der Küche
Frank wirkt in der Küche
Gurkensalat mit Forster Gurken
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