Tag 2 – Scorpions!

Nach einer halbwegs ordentlichen Nachtruhe machten wir uns ohne Frühstück auf zum Flughafen. Dort checkten wir ein, gaben Frank’s Koffer auf. Mein Koffer war klein genug für das Handgepäck. Was braucht man in der warmen Karibik schon groß an Kleidung?

Am Gate angekommen, stellten wir fest, dass um uns herum vor allem russische Staatsbürger mit uns auf das Boarding warteten. Kuba – so las ich in diversen Reiseführern – ist als sozialistisches Bruderland der ersten Stunde seit jeher ein beliebtes Reiseziel russischer Bürger.

Unser Flieger am Finger in Frankfurt
Unser Flieger am Finger in Frankfurt

Im Flugzeug angekommen hatten Frank und ich das unverschämte Glück, neben unserer eigenen Zweierreihe am Fenster eine weitere freie Zweierreihe direkt hinter uns nutzen zu können. So hatten wir beide genug Platz und konnten uns breit machen. Das Essen war spartanisch und der Wein kostete Geld. Immerhin war hier das Preisleistungsverhältnis besser als im Hilton. Für 6 Euro gab es immerhin einen ganzen Viertelliter Rotwein.

Lunch während des Consors Flugs
Lunch während des Consors Flugs

Über 11 Stunden dauerte der Flug, wobei wir den letzten Teil der Reise über die Ostküste Amerikas flogen, wo man zunächst einen Blick auf Neufundland und später auf New York und Miami hatte. Kurz hinter Miami war unser Flug dann beendet. Der Flughafen Varadero ist keine halbe Stunde von Florida entfernt.

Anflug Varadero
Anflug Varadero
Blick Richtung Varadero auf Kuba
Blick Richtung Varadero auf Kuba

Der Flughafen Varadero ist winzig klein. Der Dorfflughafen Rostock Laage ist größer. Abgesehen von einer anderen Maschine, die den Flughafen verließ als wir ankamen, waren unser Flug der einzige dort.

Allein am Flughafen

Nach erfolgreicher Pass-, Corona- und Impf-Kontrolle holten wir Franks Koffer ab und verließen das Terminal. Nun ist der Flughafen Varadero rund anderthalb Autostunden von unserem ersten Ziel in Havanna entfernt. Um nach Havanna zu gelangen, brauchten wir einen Fahrer. Unsere Reiseagentur hatte mir zwei Tage zuvor noch telefonisch versichert, wenn wir ankämen, stünde am Ausgang des Flughafens ein jemand bereit und hielte ein Schild mit unserem Namen hoch. Das klang zumindest in der Theorie sehr einfach. In der Praxis jedoch war diese Person mit unseren Namen auf einem Schild einfach nicht da. Da standen zwar diverse Reiseagenturen, welche die Touristen in Busse zur ihren Resort-Hotels verteilten und mehrere Taxifahrer boten ihre Dienste feil, doch ein Fahrer für uns fehlte. Wir warteten etwas, in der Hoffnung der Fahrer könnte sich noch einfinden, aber es fand sich niemand ein. Stattdessen lichteten sich die Reihen der Busse, Autos und Touristen.

Wir riefen schließlich für rund 3 Euro pro Minute bei unserer Reiseagentur an, denen ich erst einmal verklamüsern musste, was eigentlich unser Problem ist. Offensichtlich hatte uns niemand so recht auf dem Plan. Frank hatte derweil ein kleines Büro einer anderen Reiseagentur am Flughafen aufgetan, worin ein freundlicher Mann sich unser Problem anhörte. Ich gab ihm mein Telefon, er sprach mit unserer Agentur und nach einigen Minuten, erklärte er uns, wir mögen einfach warten, man würde uns ein Taxi besorgen.

Wir nutzten die Zeit und fanden einen Geldautomaten, an dem Frank für 107 Euro 2.500 Pesos abholte. Wie wir später lernen sollten, war dies zwar der offizielle, aber ein lachhaft schlechter Wechselkurs.

Nach rund 20 Minuten weiteren Wartens waren wir die einzigen verbliebenen Passagiere unseres Flugs auf dem Vorplatz des Flughafens. Dann jedoch kam tatsächlich ein Taxi angerollt und ein freundlicher Fahrer nahm uns die Koffer ab und wir nahmen Platz. Auf nach Havanna! Endlich! Wir hofften nur, dass zumindest unsere Unterkunft in Havanna von unserer Ankunft informiert war. Wir wollten schließlich nicht die erste Nacht in Kuba auf der Straße verbringen müssen.

Achtziger mittemang der Hühner

Die Autofahrt nach Havanna war mühelos. Die Straßen hier sind sehr leer und man teilt sich die zweispurige Autobahn mit Pferden, Fußgängern, Hühnern und Radfahrern. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit ist zwar 100 km/h, doch es ist an vielen Stellen nicht klug, so schnell zu fahren, da die Straßen hier und da signifikante Schlaglöcher haben. Unser Taxifahrer schien die Schlaglöcher auf dem Weg vom Flughafen Varadero nach Havanna bereits alle zu kennen und kutschierte uns sicher in die Richtung der kubanischen Hauptstadt. Dabei machte er einen Radiosender an, den man ehesten als 80’s-Station bezeichnen könnte: Culture Club, Kathrina and the Waves und Madonna. Unser Fahrer sang mehrere Titel deutlich hörbar mit. Er erklärte uns, er liebe amerikanische Musik, die kubanische Musik könne man komplett vergessen. Als er erfuhr, dass wir aus Deutschland kommen, rief er begeistert aus: „Scorpions!“

Unser Taxifahrer mit US-Duftbäumchen und Faible für amerikanische Musik

Während der Fahrt versuchte unser Fahrer zweimal zu tanken. Der erste Versuch scheiterte daran, dass die Tankstelle kein Benzin hatte. Dies wurde mit Achselzucken und dem Ausruf „Kuba!“ hingenommen. Die zweite Tankstelle hatte glücklicherweise noch ein wenig Benzin und so gelangten wir sicher an unser Ziel.

Gegen halb Sieben Ortszeit standen wir mitten in der Altstadt Kubas in einer engen Straße und verabschiedeten uns von unserem Fahrer. In der Nummer 170 der Straße „O’Reilly“ sollte unserer Unterkunft sein. Hierbei handelte es sich um eine sogenannte Casa Particular, eine Art privat betriebene Ferienwohnung. Tatsächlich erwartete uns dort eine freundliche Herbergsmutti und führte uns sogleich in unsere Gemächer, bestehend aus Schlafzimmer, Küche und Bad. Sie erklärte uns noch allerhand, wobei sie nur Spanisch sprach und ich – obgleich ich stets freundlich nickte – nur die Hälfte verstand. Immerhin konnte ich heraushören, dass es um 8 Uhr morgens bei ihr Frühstück gäbe und dass wir Geld nur bei ihr und nicht auf der Straße wechseln sollen.

Prost!

Wir hielten uns nicht lange in unserer Unterkunft auf, sondern beschlossen, die nähere Umgebung zu erkunden. Konkret versuchten wir ein Restaurant zu erspähen. Tatsächlich wurden wir nur wenige Gehminuten entfernt fündig. Das Restaurant war im ersten Geschoss eines Hauses an einem kleinen Platz und man bot uns einen Tisch auf dem Balkon an. Wir bestellten Mojitos, Bier, Ceviche (eine Vorspeise bestehend aus rohem Fisch und Zwiebeln), ein Stück Schwein für Frank und für mich eine Portion Aroz (Reis mit Zwiebeln und Butter). Insbesondere das Ceviche war erstaunlich – ein wenig sauer, ein wenig fermentiert und angenehm scharf.

Als ich mir nach dem Essen ein zweites kleines Bier bestellte und das Glas eingoss, rief auf einmal vom Nebentisch ein junger Mann hinüber: „Prost!“. Wir prosteten zurück und kamen flugs ins Gespräch. Der junge Mann hieß Tobi und war ebenso wie wir ein deutscher Tourist und hatte ein vierwöchiges Programm in Kuba eingeplant. Die erste Woche hatte er schon hinter sich und er konnte uns ein paar gute Tipps geben. Der wohl wichtigste Tipp war, nie wieder an einen Geldautomaten in Kuba zu gehen, da man an diesen nur den offiziellen Kurs von 25:1 zu bekommt. Tauscht man mit den Menschen direkt, bekommt man einen Kurs von bis zu 100:1. Wir schnackten noch knapp zwei Stunden über unsere Reisepläne, unsere Arbeit in Deutschland (Tobi promoviert über Fräsroboter) und stellten fest, dass wir die selbe famose WDR-Dokumentation über Kuba gesehen hatten. Dazu tranken wir noch eine gute Menge Bier, Mojitos und Rum.

Guppenfoto mit Tobi
Guppenfoto mit Tobi

Gegen kurz nach Elf Ortszeit waren wir dann wieder in unserer Unterkunft und ich war müde genug, sofort wie ein Stein einzuschlafen. Meine interne Uhr stand bereits auf rund 5 Uhr morgens (Kuba ist der mitteleuropäischen Zeit 6 Stunden hinterher). In unserem Alter (Renterdasein!) ist das schon unerhört spät, um ins Bett zu gehen.

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