Tag 4 – Abflughalle und ganz viel Fleisch

Für den vierten Tag in London hatte Taskin ein ganz besonderes Highlight parat. Wir fuhren in den Skygarden. Das ist eine kostenlose Aussichtsplattform im Herzen der City of London in einer Höhe von 150 Metern. Man ist halb drinnen, halb draußen und hat eine fabelhafte Sicht auf die ganze Stadt. Das Ding heißt nicht zufällig Skygarden – in den Räumlichkeiten sind zahlreiche Farne und andere Pflanzen untergebracht.

Der Guardian schrieb über die Plattform es ähnele einem kärglichen Steingarten in einem Raum, der mit der Finesse einer Abflughalle gestaltet wurde. Jetzt wo ich beim Schreiben darüber nachdenke, muss ich konstatieren, der Guardian hat recht. Trotzdem gewannen wir da droben eine ganz andere Sicht auf London. Die Stadt ist einfach absurd groß und sieht von oben so aus, als hätte jemand mit einer verrückten Menge Geduld und mit viel zu vielen Mods Cities Skylines gespielt – jedes letzte Fleckchen ist zugestellt mit Häusern, Säulen, Türmen, Plätzen und Infrastruktur.

Bemerkenswert ist der Vergleich zu Berlin. Steht man in Berlin auf dem Fernsehturm und schaut von der Aussichtsplattform in 220 Metern Höhe auf die Stadt, fragt man sich, ob das da unten wirklich eine Millionenstadt ist, oder nicht eher eine Ansammlung mittelkleiner Häuser zwischen lauter Wäldern und Flüssen. In London fragt man sich, ob es wirklich nur 8,5 Millionen Menschen sind, die in diesem Häusermeer hausen.

Auf jeden Fall ist die „kärgliche Abflughalle“ sehr zu empfehlen. Die Aussicht kostet nichts und beeindruckt. Man muss allerdings im Vorfeld Zeit-Slots auf der Seite reservieren.

Nachdem wir die Stadt fast eine Stunde von oben besichtigt hatten, beschauten wir uns das Geschehen hernach wieder von unten. Wir flanierten durch die City of London und schauten uns die Linien der dortigen Wolkenkratzer von unten bis in den Himmel an. Anders als in Canary Wharf wirkte die City of London nicht ganz so dystopisch. Das lag sicherlich auch daran, dass es heute nicht regnete und dass zwischen den enormen Finanzkolossen immer wieder kleine Kirchen aus dem 16. Jahrhundert standen, die aufgrund von Denkmalschutz auf Ewig ihren Platz hier hatten.

Zur späteren Mittagstunde hatte Taskin für uns einen Platz im Restaurant Blacklock Soho reserviert. Dort versprach er uns einen Sunday Roast – ein traditionelles britisches Gericht, dass man am ehesten mit „Sonntagsbraten“ übersetzen kann. Dort angekommen studierten wir die Karte und fanden den Sunday Roast einfach nicht. Karsten meldete sich bei der Bedienung und fragte, wo denn der Sunday Roast sei. Entgegnet wurde: „Das gibt’s nur am Sonntag. … Heute ist Dienstag.“ – Aha! Egal, wir fanden auf der Karte etwas womöglich noch besseres, ein Gericht namens „All-In“, das einfach mal nur aus Fleisch bestand. Kuh, Schwein, Schaf – alles auf einem großen Teller. Die drei Jungs bestellten sich jeweils einmal ein solches Herzinfarktmenü. Mir war das ein Jota zu viel. Außerdem hatte ich in London bisher noch keinen Burger gegessen. Also Burger. Ich bekam von den Tieren trotzdem zu probieren und mein Burger schmeckte noch besser als Teufelburger, den ich von zu Hause in- und auswendig kenne.

All-In: Alles Fleisch
All-In: Alles Fleisch

Wir brauchten bald eine Stunde, all das Fleisch zu vertilgen und auch wenn ich nur einen Burger hatte, lüstete es mich anschließend nach einem Verdauungsschläfchen. Taskin und Frank wollten noch zum Somerset House, Karsten musste uns leider verlassen, da heute schon sein Flug ging und so trennten wir uns. Ich lief durch die Straßen von Soho zur U-Bahn, fuhr ins Hotel und schaute mir dort eine Stunde die meine Augenlider an.

Soho war immerhin ganz neckisch anzusehen:

Nach einer guten Stunde war ich wieder bei Kräften und Frank kehrte von seinem Ausflug zurück. Ich überließ ihm unser Hotelzimmer und drehte eine kleine Runde in der unmittelbaren Nachbarschaft unseres Hotels. Neben einer Einkaufsmall in Größe einer mittelgroßen Kleinstadt (450 Geschäfte auf fünf Etagen) erinnerte mich das Areal an die Hermannstraße in Berlin. Es gab viele arabische Barbiere, einen sah ich tatsächlich beim Rasieren, Krimskramsläden bei deinen niemand weiß, was die eigentlich genau verkaufen (Plasteteller? Kaugummis? Bademäntel?) und ganz viele Stoffläden.

Nach einer knappen Stunde kam ich wieder beim Hotel an, setzte mich in die Bar und orderte die einzig wahre Nachmittagsmischung für den Urlaub: Kaffee und Bier.

Irgendwann machte ich mich wieder auf in unser Zimmer und sammelte Frank von seinem wohlverdienten Spätnachmittagsschlaf ab. Den Abend verbrachten wir in der WG von Taskin, wo dieser uns in Windeseile einen obskur anmutenden, aber wohlschmeckenden Salat herstellte. Dazu gab es noch ein wenig Wein, Bier und Rumgespiele mit der WG-Katze Effi während Frank am Klavier versuchte, ein paar Abba-Lieder zum Besten zu geben.

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Tammo
Tammo
22. March 2023 16:12

“schmeckte noch besser als Teufelburger”? Da musst du dich verschmeckt haben 😀 Vielen Dank für die wie immer spannenden Impressionen – kommt heil zurück!