Tag 4 – Wie eine Folge Traumschiff

Nach einem langen ersten Tag in Havanna begannen wir unseren zweiten Tag in der kubanischen Hauptstadt wesentlich entschleunigter. Um acht Uhr lud unsere Herbergsmutti wieder zum Frühstück und wir verbrachten fast zwei Stunden mit dem Verzehr, wobei Frank noch ein wenig im Reiseführer las und ich Blog schrieb.

Den Mittag verbrachten wir mit einem sonntäglichen Bummel durch die Stadt.

Die Altstadt ist teilweise sehr eng
Die Altstadt ist teilweise sehr eng
Auf den Häusern wachsen Bäume
Auf den Häusern wachsen Bäume
Wäsche über der Straße
Wäsche über der Straße
Berlin - Da fühle ich mich zu Hause
Berlin – Da fühle ich mich zu Hause
Viele Gassen in der Altdatdt sind inzwischen saniert und sehen fast westlich aus
Viele Gassen in der Altstadt sind inzwischen saniert und sehen fast westlich aus

Das Hotel Telegrafo ist das erste staatliche Hotel Kubas, das damit wirbt, Zimmer für Schwule und Lesben zu haben
Das Hotel Telegrafo ist das erste staatliche Hotel Kubas, das damit wirbt, Zimmer für Schwule und Lesben zu haben

Die Oldtimer sind Sanierungsbedürftig
Die Oldtimer sind Sanierungsbedürftig

Diesen Tag waren wir so faul, dass wir uns nachmittags gar eine kurze Siesta genehmigten und später in einem Café um die Ecke einkehrten, welches mit kostenlosem Wifi warb. Tatsächlich bekamen wir dort anstandslos Internet und konnten dieses ein wenig nutzen. Schnell war das Netz zwar nicht, aber es reichte für mich, zumindest ein paar Zeilen des Blogs hochzuladen und Frank konnte ein paar Fotos verschicken.

Wifi im Cafe - Der Blog kann aktualisiert werden
Wifi im Cafe – Der Blog kann aktualisiert werden

Kurz vor fünf fanden wir uns wieder zu Hause ein, denn dann sollten wir von Miguel von Cuba Buddys abgeholt werden, um unser Auto zu holen. Tatsächlich stand Miguel pünktlich vor der Tür und geleitete uns zu einem angemieteten Oldtimer-Taxi. Mit diesem fuhren wir einmal quer durch die Stadt, bis wir bei einer riesigen Autovermietung ankamen. Dort standen gut zwei Dutzend Wohnmobile, zahlreiche Scooter und Elektrofahrräder sowie viele mächtig gewaltige Jeeps. Einen solchen sollten wir bekommen. Eigentlich hatten wir mit Cuba Buddys einen Kleinstwagen gemietet (und bezahlt). Aber da dieser nicht vorrätig war, gab es nun diesen einen Geländepanzer mit Vierradantrieb und allem möglichen modernen Gedöns wie GPS, Bluetooth und Klimaautomatik. Nach ein paar Unterschriften und einer Kurzeinweisung durfte ich mit dem Gefährt vom Hof der Autovermietung rollen. Miguel navigierte uns zu unserer Unterkunft und ich stellte fest, dass es sich in Havanna erstaunlich einfach fährt. Es sind so wenig Autos unterwegs, dass man ganz entspannt von A nach B kommt.

Musik in zwei Welten

Nachdem ich das Mordsvehikel erfolgreich direkt vor unserer Haustür geparkt hatte, machten wir uns auf den Weg zum Abendessen. Miguel hatte uns ein paar Straßen weiter ein Restaurant empfohlen, das Antojos. Da liefen wir hin, stellten aber fest, dass ebendieser Laden komplett voll war. Flugs nahmen wir im Nachbarrestaurant, dem 7 de Espada Platz. Dort spielte eine Band bestehend aus sechs Musikern auf und diese gaben gut zwei Stunden zahlreiche Klassiker von Buena Vista Social Club und jede Menge Salsa zum besten.

Buena Vista Social Club beim Essen
Buena Vista Social Club beim Essen

In den meisten Fällen nervt mich Live-Musik beim Essen, doch nicht bei dieser Band. Die Musiker verstanden ihr Handwerk und es erweckte den Anschein, dass sie selbst auch jede Menge Spaß an dem Auftritt hatten. Irgendwann schnappte sich der Bandleader für ein paar Minuten eine Dame aus dem Publikum, die zuvor eifrig mitgewippt hatte und improvisierte mit ihr eine Tanzpartie. In diesem Moment merkte Frank an, dass sich das alles gerade wie eine Folge aus dem Traumschiff anfühlte.

Tatsächlich hatte die Szene in ihrer Gesamtheit etwas Absurdes. In dem Restaurant saßen vor romantischer Kulisse fast ausschließlich gut betuchte europäische Gäste und gaben innerhalb von anderthalb Stunden so viel Geld für Essen und Getränke aus, wie ein Kubaner in einem Monat verdient. Dazu spielte eine lokale Band fröhliche Musik auf und am Ende konnte man sich gut fühlen, weil man der Band fünf Euro Trinkgeld gab.

Wir saßen in einer Parallelwelt, die nur für Touristen existierte und in der wir auf keine gewohnten westlichen Annehmlichkeiten verzichten mussten. Es gab Bier, zahlreiche Cocktails (sogar einen Espresso-Martini), jede Menge Fleisch zu essen und es fehlte uns an nichts. Ein normaler Einheimischer hätte sich diese touristische Parallelwelt nie leisten können. Das staatliche Restaurant, das wir am Tag zuvor kurz besuchten, hatte Mühe, drei verschiedene Getränke anzubieten – hier gab es alles in Hülle und Fülle.

Espresso Martini gegen harte Währung
Espresso Martini gegen harte Währung

Nach dem Traumschiff-Dinner zogen wir noch ein wenig durch die Straßen und entdeckten am Wasser das Anfiteatro de La Habana. Zahlreiche Menschen strömten dorthin und es drang laute Musik zu uns. Also strömten wir mit den Menschen, löhnten pro Person 250 Pesos Eintritt und waren auf einmal mitten im Publikum eines Events, das mich an Ein Kessel Buntes (oder eine andere abendfüllende Unterhaltungsshow aus den 90’er Jahren) erinnerte. Auf einer enormen Bühne wurde musiziert, zahlreiche Kameras zeichneten das Geschehen auf und das Publikum tanzte auf den Sitzreihen. Wir holten uns einen Cuba Libre und schauten dem aufgeregten Treiben zu. Die Musik war lateinamerikanisch mit jeder Menge Rhythmus und das Publikum war deutlich einheimischer als zuvor in unserem Restaurant – Jugendliche, Familien mit kleinen Kindern, ältere Ehepaare und dazwischen gesprenkelt ein paar sehr weiße Europäer.

Big Band im Kessel Buntes
Big Band im Kessel Buntes

Verschiedene Bands spielten auf und zwischendurch betraten bunt angezogene Ansager die Bühne und verliehen Urkunden und Preise. Mein Spanisch reichte beim besten Willen nicht aus, zu verstehen, was genau dort vor sich ging. Meine Vermutung ist, dass dies eine Art sozialistische Kaderauszeichnung war. Aber vielleicht war es auch Musiktalentshow – Kuba sucht den Superstar, oder so.

Auf jeden Fall war die Musik vortrefflich und irgendwann tanzten fast alle auf den Bänken. Einzig der Cuba Libra war alle. Hieran merkte man, dass es wohl eine staatliche Veranstaltung war. Es gab 6 Flaschen Rum und nachdem diese geleert waren, konnte man nur noch Cola kaufen. Diese kostete dann nur noch 20 Pesos (für und umgerechnet 20 Eurocent).

Das Publikum im Amphitheater ist begeistert
Das Publikum im Amphitheater ist begeistert

Wir blieben bis halb Zwölf da, dann zogen wir von dannen Richtung unserer Unterkunft. Der nächste Tag sollte ein langer Tag mit langer Fahrt werden. Dafür brauchten wir hinreichend viel Schlaf.

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Karla
Karla
9. March 2022 13:03

Nicht nur das Publikum im Amphitheater ist begeistert, sondern auch ich – beim Lesen dieses Blogs. Mir werden hier sehr schöne Eindrücke vermittelt, fast beneide ich euch.