Tag 8 – Berlin, mon amour

Südtirol ist wirklich wunderschön. Aber leider irgendwie auch viel zu weit weg. Wir mussten den gesamten Samstag als Reisetag einplanen und verbrachten über zehn Stunden im Auto, bis wir es von den Alpen an die Spree geschafft hatten.

Morgens stand ich kurz nach der Dämmerung auf, brühte mir mit der extra mitgebrachten Filterkaffeezubereitungseinrichtung (ein fantastisch praktisches Geschenk von Robert) einen Filterkaffee auf und setzt mich daran, den Tagesbericht vom Vortag zu verfassen. Ich freute mich noch einmal über Ziegen und Hühner und just als der Bericht in Rohform fertig war, begrüßte mich Frank. Ein letztes Mal bereitete ich Frühstück und in emsiger Hast nahmen wir es ein.

Dann wuselten wir eine halbe Stunde durch die Wohnung, sammelte all unsere Dinge zusammen und versetzten die Wohnung in einen übergabefähigen Zustand.

Um kurz nach 10 verließen wir unser Domizil, das uns in der letzten Woche durchaus ans Herz gewachsen war und begannen die Heimreise. Diese Heimreise führte uns zunächst zum örtlichen Supermarkt, wo ich Reiseproviant in Form von Schokoriegeln und noch mehr Heuschnaps (und zwar genau die Sorte, die wir an zwei Abenden im Restaurant des Tennisclubs bekamen) erwarb.

Dann begann die eigentliche Fahrt. Und sie wurde mühsam. Schon kurz hinter Bruneck standen wir eine gute halbe Stunde im Stau. Es gab einfach zu viele Autos auf zu kleinen Straßen und wir mussten einige Strecken fast im Schritttempo zurücklegen.

So sah der Stau in Gegenrichtung aus – in unsere Richtung folgte er kurz später

Irgendwann erreichten wir den Brenner, überquerten den Pass und standen dann in Österreich ein wenig mehr im Stau. Die eigentlich Autobahnroute ab der Grenze nach Deutschland hätte uns erst nach München und dann über Nürnberg geführt. Aber die Verkehrsprognosen für weite Teile dieser Strecke waren tief dunkelrot – Stop & Go. Das kommt dabei raus, wenn man tagsüber an einem Samstag in den Sommerferien durch Bayern fährt. Kurzerhand entschieden wir uns, statt der Autobahn über die B15 zu fahren.

So durchquerten wir Rosenheim, Landshut und Regensburg, um dann fast schon entlang der tschechischen Grenze Richtung Berlin zu fahren. Ob die Umfahrung des Staus über diese Dorfstrecke am Ende etwas gebracht hat, konnten wir nicht wirklich sagen. Aber immerhin durchfuhren wir auf diese Weise Orte, die ich noch nie gesehen hatte und möglichweise auch nicht noch einmal sehen werde.

Kurz vor Hof machten wir Rast, verzehrten die mitgebrachten Stullen und labten uns am Filterkaffee aus der Thermoskanne.

Stullen und Filterkaffee – ein Mahl für Könige

Während der Fahrt vertrieben wir uns nach Empfehlung von Moritz die Zeit mit Buch Marzahn, mon amour: Geschichten einer Fußpflegerin (in Hörbuchform von der Autorin selbst gesprochen). Das ist ein ganz entzückendes Werk in dem Katja Oskamp über Anekdoten und biographische Fragmente das Leben einer ganzen Generation nachzeichnet – genauer gesagt das Leben der Generation DDR, zumeist Leute, die inzwischen um die 80 sind und in Berlin Marzahn wohnen. Es waren viele kleine unscheinbare Personen, zumeist schiefe und irgendwie nicht erfolgreich scheinende Existenzen, die hier beschrieben wurden. Aber fast alle Personen und Lebenswege waren auf ihre Art und Weise lebens- und liebenswert. Außerdem machte die Autorin Mut, dass das Leben, auch wenn man schon gut über die jungen Jahre hinaus ist, noch abwechslungsreich und wertvoll sein kann. Es ist ein ganz famoses (und übersichtlich kurzes) Buch, dass wir nur empfehlen können.

In den Abendstunden erreichten wir schließlich Berlin. Es dunkelte, ein Nieselregen kam herab und draußen war es kühl. Wir waren wieder zu Hause. Berlin, mon amour!

Ich freute mich auf mein eigenes Bett und darauf, endlich wieder ein Kopfkissen in Menschen- und nicht in Ameisengröße nutzen können.

Wir werden Südtirol fast sicher erneut besuchen. Immerhin verstehen wir jetzt, warum so viele unserer Freunde schon so oft da waren.

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Karla
Karla
28. August 2021 21:56

Ach, schön, es gibt noch einen kleinen Nachschlag. Und das Beste: Ich lese zurzeit Marzahn mon amour, hab es fast durch und kann die Einschätzung von Arved nur ganz dick unterstreichen, so sehe ich das auch.