Tag 3 – Rote Wand

Montag wurde Wandertag. Unsere Tennislehrer Silke und Stephan, die praktisch jedes Jahr mit ihrer Familie hier Urlaub machen, empfahlen uns die Wanderung zur Roten Wand. Das ist ein Rundweg in 1.600 bis 2.800 Metern Höhe mit einer ausgezeichneten Aussicht.

Das Wetter für den Montag sollte gut genug werden. „Gut genug“ reicht in der Regel völlig aus, also wurde für den Montag die Rote Wand angepeilt. Weil wir nicht genau wussten, wie lange wir da so rumwandern (die genaue Routenführung hing vom konkreten Wetter vor Ort ab), standen wir zur Sicherheit halbwegs früh auf. In meinem Fall hieß das 7:20 Uhr. Ich kochte Kaffee, stellte Brötchen in den Herd und wollte mich grade an meinem Frühsport versuchen, da wackelte Frank auch schon auf die Terrasse und suchte sein Handtuch zum Duschen.

Nach Sport und Duschen vertilgten wir die aufgewärmten Brötchen, packten unsere Sachen zusammen und Frank fuhr uns die 40 Minuten zum Start der Wanderung. Dieser Start war schon einer der großen Höhepunkte, nämlich der Antholzer See. Wenn man Berge und Seen mag, wird man hier sicherlich selig, denn der Antholzer See ist ein malerischer See mitten zwischen den Bergen. Wir hatten sogar eine Wolke über dem See – quasi als I-Tüpfelchen.

Wolkenverhangene Einfahrt in das Tal zum Start unserer Wanderung
Antholzer See mit Bergen und Wolke

Von dem See sahen wir nach dem Beginn unseres Anstiegs aber erst einmal nichts mehr, denn wir wurden auf eine Route in den Wald geschickt. In diesem Wald stiefelten wir insgesamt gut 300 Höhenmeter nach oben – über Wurzeln, Kiesel, Stöcke und lose Steine. Das fühlte sich weniger nach einer Wanderung als wie ein Treppensteigen mit unnötigen Hindernissen an. Aber was sind wir, wenn nicht sportlich! (Sicherlich vieles, aber Treppensteigen geht noch.)

Mitten im Wald standen wir dann vor der Steinzgeralm, einem kleinen Gasthaus, das Gäste und Wanderer verköstigt. Wir brauchten noch keine Verköstigung (und hatten diese ohnehin im Rucksack dabei) und wanderten flugs weiter.

Steinzgeralm im Wald
Steinzgeralm im Wald

Wenig später verabschiedeten sich die Bäume, denn hier hatte man bei rund 2.100 Höhenmetern die Baumgrenze erreicht. Das machte das Wandern ein klein wenig entspannter, denn hier stapften wir grüne Wiesen empor und weder Wurzeln noch Stöcke versuchten uns zu Fall zu bringen. Trotzdem war der Aufstieg erstaunlich anstrengend – vielleicht hatten wir mit mehr Kondition bei uns gerechnet. Vielleicht liefen wir aber auch einfach zu schnell.

So sah es auf halber Höhe aus
So sah es auf halber Höhe aus

Der anstrengendste Teil des Aufstiegs stand uns kurz vor dem Gipfel zur Roten Wand bevor. Hier lag einfach nur noch Geröll und das durften wir im 45-Grad-Winkel nach oben klettern. Hier war ich sehr froh, dass wir diesen Weg nicht wieder zurück gehen mussten. Aufstieg ist bei solchem Terrain deutlich einfacher als Abstieg. Ein wenig erinnerte der Weg an unsere Wanderung in Neuseeland am Mount Ngauruhoe. In Neuseeland stellten sich Frank und ich noch zu blöd an, so ein Geröllfeld hochzuklettern. Hier in Italien zeigten wir mehr Geschick und erstaunlich flugs standen wir am Gipfelkreuz. In insgesamt etwas weniger als zweieinhalb Stunden hatten wir die 1.180 Höhenmeter zurückgelegt und wir wurden da oben (und auch schon auf dem Weg nach oben) mit einer wundervollen und nur ein wenig wolkenverhangenen Aussicht belohnt.

Frank stapft durch das Geröllfeld
Das da rechts waren die letzten Meter Richtung Gipfel
Ich klettere durch das Geröll
Blick auf Antholzer See und Obersee vom Gipfel der Roten Wand
Frank rastet am Gipfelkreuz
Belohnung mit Belegten Broten
Blick vom Gipfel auf den Antholzer See und das daneben liegende Biathlon Stadion
So sahen die Wolken auf dem Gipfel aus

Neben der ausgezeichneten Aussicht gab es sogar noch mehr Belohnung in Form von Filterkaffee (jeder zivilisierte Wanderer sollte immer eine Thermoskanne mit Filterkaffee dabeihaben) und in Form von belegten Broten. Die von Frank am Vorabend belegten Brote waren deliziös und saftig und genau das richtige da oben. Nachdem wir uns mit den Broten die Finger genügend eingeschmaddert, den halben Kaffee ausgetrunken und viel zu viele Fotos gemacht hatten, ging es weiter.

„Weiter“ hieß in dem Fall, dass wir den Weg Richtung Staller Sattel einschlugen. Das heißt, wir liefen den Gipfel der Roten Wand auf der anderen Seite hinunter. Zum Glück lag da kein Geröll und wir konnten ohne große Mühe die ersten hundert Höhenmeter nach unten meistern. Dabei liefen wir an zahlreichen Bächen vorbei, stießen auf Kühe, die wiederkäuend im Gras lagen und freuten uns, dass es sich runter einfacher anfühlte als hoch.

Tal östlich der Roten Wand
Panorama Staller Sattel und Obersee
Gebirgsbach, grüne Wiesen, ein paar Bäume
Egal wie hoch man hier war, Kühe gab es eigentlich immer zu sehen

Das nächste Ziel auf dem Rundwanderweg war der Aussichtspunkt „Zwei Seen“. Von dort aus konnte man sowohl den Antholzer See als auch den Obersee in Österreich sehen. Irgendwie war das aber gar nicht so aufregend, denn wir hatten die beiden Seen auch schon von der Roten Wand gesehen und da bekam man sie sogar auf ein Bild rauf. Egal, wir setzen uns einfach in die Sonne, packten noch mehr Brote aus, vertilgten den zweiten Teil des Kaffees und freuten uns des Lebens.

Zweite Brotzeit am Aussichtspunkt Zwei Seen
Obersee in Österreich
Wir zwei vor dem Obersee

Nach dem Freuen folgte bei uns dann das Fluchen. Denn nun stand nur noch der letzte Abstieg bevor. Und dieser führte uns durch den Wald des Tagesanfangs zurück. Das hieß wieder Wurzeln, Stöcke, rollende Steine und unnützes Geäst, das im Wege hängt. Stampfenden Schrittes stapften wir den Wald steil bergab, stießen uns die Zehen, blieben mal hier, mal da an Wurzeln hängen und rutschten ein wenig auf Steinen aus. Mit einer guten Portion Fluchen und Schimpfen meisterten wir aber auch diesen Teil der Wanderung und nach etwas über 6 Stunden standen wir wieder am Ufer der Antholzer Sees.

So hat sich unsere Wanderstimmungslage während der verschiedenen Etappen angefühlt:

Am Ausgangspunkt angekommen verschnauften wir kurz und stiegen dann in das Auto, um bei uns zu Hause den lokalen Supermarkt unsicher zu machen. Frank wollte uns schließlich ein Abendessen kochen. Dafür brauchte es Zutaten.

Ein klein wenig groggy von Auf- und Abstieg teilten wir Silke auf dem Heimweg via Whatsapp stolz mit, dass wir die Wanderung überlebt hatten und für ganz toll befanden. Sie erklärte uns prompt, wir müssten jetzt noch den Wanderweg um den Antholzer See anschließen und dann in das Olanger Freibad gehen. Wir hatten gar nicht damit gerechnet, dass die Empfehlung „Wanderung zur Roten Wand“ nur Teil 1 von 3 für unsere Tagesplanung war. Das nächste Mal stehen wir früher auf und Frank wird sich demnächst sicherheitshalber seine Badehose einstecken (ich habe meine immer dabei!) und dann können wir prompten Reisehinweisen hoffentlich besser Folge leisten.

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